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N°. 61

Kunst-Blatt.

D onnerstag, den

U e b e r M a l e r e y,

ihre Bedeutung, ihren Zweck, ihre Mittel.

Von Carl Büchner.

Es kann Alles nur vollständig aus seinem Zusam-
menhänge begriffen werden. Je genauer der Zusammen-
hang ist, desto mehr werden wir, zur Erwerbung jenes
Begriffs, auf das Studium dieses Zusammenhanges hin-
gewiesen. Wenn überhaupt diese Sätze richtig sind, so
müssen sie für Alles richtig seyn, es kommt nicht darauf
an, ob räumlich Kleineres oder Größeres, ob Bedeuten-
des oder weniger Bedeutendes ihrer Anwendung unterlie-
gen soll. Wir bringen mit eben so vielem Rechte unsere
Erdkugel und die übrigen Himmelskörper in eine leben-
volle, wechselwirkende Verbindung, als auf dieser einzel-
nen Erdkugel, diesem Tropfen am Eimer," Staaten - und
Menschenleben, wissenschaftliche und künstlerische Bestre-
bungen.

Gerade zwischen den Fugen der Gemäuer sind die
Pflanzenkeime, die kleinen Gras - und Moosblüthen ein-
gestrcut. Nur der Kitt braucht weggedrängt zu werden,
um zugleich neue Organisationen eine Stelle finden zu
lassen. Es ist nicht der leere Raum, welcher sie erzeugt.
Der leere Raum gibt ihnen nur die Möglichkeit des Vor-
handensepnS und der Ausdehnung. In jenen Fugen, so
des gesellschaftlichen und politischen, als des künstlerischen
wissenschaftlichen und sittlichen Lebens werden sich Schau-
bühnen für noch Ungesehenes, schon früherhin Bedingtes,
aber durch Wechselwirkung erst Erzeugtes mit größerer
oder minderer Pracht eröffnen. Nicht blos Sterne wer-
den wir aufgehen, wie kaum erst zwischen den Mars und
den Jupiter, nun auch wohl zwischen Saturn und Ura-
nus und die Sonnensysteme des ganzen Weltalls sich
drängen sehen, auch neue Erscheinungen in der Thier-
und Pflanzenwelt, neue Gesetzgebungen, neue Schicksale,
seps für Welttheile oder Individuen, neue wissenschaft-
liche und Kunstanschauungen werden sich von innen erzeu-
gen, nach außen sich entwickeln und so mählich ins Leben
übergehen. Das universelle Leben wird der Träger
dieser Erscheinungen sepn. In Unter- und Unterabthei-

3i. Juli 1828.

lungen werden diese Erscheinungen auseinander fallen; je
naher die Menschen ihnen kommen können, um so mehr
wird ein Auffassen und Ausströmen Statt finden und der
menschliche Scharfsinn wird sich an diesen Unterscheidungen
und den Abzeichen derselben üben und gefallen.

Wenn wir unter Kunst, namentlich unter schöner
Kunst, die sreye Darstellung des Schonen in selbst-
ständigen, anschaulichen Werken verstehen, so gibt sich 411-
gleich, daß die einzelnen Künste, als Malerey, Bildhaue-
rep, Dichtkunst u. dgl. theils diesen Gesammtbegriff in
sich enthalten, theils, in so weit dies geschieht, vielfach
einander ähnlich seyn müssen. Dasselbe gilt wieder von
den Unterabtheilungen der einzelnen Künste. Jeder Theil
des ausgeströmten Radius bildet einen Mittelpunkt, von
welchem kleinere Radien, nach ähnlichen und verwandten
Gesetzen, in die Ferne sich erstrecken. Bleiben wir bey ei-
nem dieser Radiusmittelpunkte, bey der Malerey, d. h.
derjenigen schönen bildenden Kunst stehen, welche das
Schöne in sichtbaren Gestalten mittelst der Farben auf
Flächen darstellt.

Hier bedarf es im Allgemeinen keiner Belege, wie
vielfach, was das Material anbelangt, Oel-, Wasser-
farb- Pastellmalerey, was die innere Natur und Gc-
schi eben heit anbetrifft, Historien-, Landschasts-, selbst
Blumen- und Stilllebenmalerey, unter sich wechselseitig
borgen, Theil nehmen lassen und ergänzen. Aber noch
zu andern Vergleichungen werden wir aufgefordcrt. Wir
möchten die Landschaftmalerey der Idylle und dem lyrisch-
beschreibenden Gedichte, die Historienmalerey dem Epos
vergleichen. Und so kann man nicht nur von jenen oberen
Sätzen aus zu den unteren Anwendungen gelangen, auch
hinüber und herüber reichen diese unteren Anwendungen
und selbst rückwärts von diesen sind einzelne Wegweiser
hingestellt. Allerdings, eine jegliche Vergleichung, wenn
sie allzuweit getrieben wird, hat ihr Bedenken. Der
Ernst der Wissenschaft geht im lustigen Nachjagen ver-
loren. In allen Theilen sollte keine Aehnlichkeit dc-
monstrirt werden, weil die Aehnlichkeit in einzelnen ge-
nügt. Es soll namentlich hier nicht geläugnet werden,
daß, um die Bedeutung der Historienmalerei) in der Dicht-
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