Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 9.1874

DOI article:
Verschiedenes / Inserate
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.4816#0212

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
419

Korrcspondenz. — Verniischte Nachrichten.

420

währenb ein junges Mädchen sich lächelnb über die
Gruppe beugl.

Eine wenig ansprechenbe nnd kälte Malerei ist dnö
Bild rwn Bictor Schnbert: Sage vvn der Jnngfran
von Bngst, welches ini Herbst 1873 auch iin Wicncr
Knnstlerhanse zn sehen war. Die mir nicht bekannte
Sage scheint init ber vvn der schöncn Melusine ver-
wandt zn sein. Wenigstens handelt es sich dabei mn
die Ueberraschung einer gckrönten Nixe durch einen jungen
Mann (im italicnischen Koftüin deö I I. Jahrhunbcrls),
der tödtlich crschrocken nüt cinem brenncnden Lichte in
das Zinimcr tritt. Sv sorgfältig das Bild auch im
Einzelnen anSgeführt ist, es fehlt dcm nacktcn Körpcr
dcr Nipe bie fcine, lebcnsvvlle Modellirung, nnd die
Slcllung und dcr Gefühlsausdruck dcö JünglingS siud
osscnbar eincin Theatcrböscwicht abgclauscht. — Eine
große heroischcLandschaft nüt ciuciu figurcnreichen Bacchan-
tenzng von Jaines Marshall, wohl für dic Dckora-
tion ciucr Saalwaud bcstiuunt, bictct den Borzug ciner
sichercn und korrckten Zcichnung des Figürlichcu. Er
hat eS aber nicht vcrstandcn, in bas sröhliche Gcstalten-
gcwiinincl cincn cinheillichcn Gedankcn odcr wenigstenS
die Bezichung auf eiucn svlchen hineinzubringcn. Die
Wirkung ist eine zcrstreucnde, doppclt nachtheilig bci einein
Bilde vvn svlchcr AuSdchnung, dcsscn landschaftliche 9ceize
kcine Enlschädiguug bictcu. — Ju recht crfreulichcr Wcise
hat sich in jüngstcr Zcit das Talcnt Kray's cntwickclt.
Er lrat scil kürzciu uüt einer Ncihe von süditalicnischcn
„StinunungSbildern" i»it glcich gcsliininter Stasfage auf,
welche cin nicht gewöhnlichcs Könncn iu Bezug auf die
malerischcn Reize der Lufiperspeklive, die Leuchlkraft und
die Farbenlöne des Wasscrs u. s. w. vcrricthcn. Anch
sein neucstes Bild zcigt diesclben Vorzüge. Ein Maler
im braunen Saiuinclrock uud schwarzen Calabrcscr nüt
der Studienmappe unterm Arni, sitzt träumend in einem
Nachcn, dcr von zwci kräfligen Söhncn Eapri's über
dcn Golf von Neapcl bei Sonnenuntcrgang gerudert
wird. Die Fährlcute mit ihren phrygischen Mützcn
wcnden dcm Signore Tedcsco dcn Rücken. Sie sehcn
nicht die Schaar der lockenden Nymphen, wclche das
Bvot und den Maler unb seine Phantasiecn umranken.
Ein schönes und pvctischcs Motiv, das durch die iu jcdcr
Bcziehung gclungenc Aussührung zu voller Gcltung
gelangt.

Ein großcs weiblichcS Portrait von F. Kanlbach
(fast in ganzer Fignr) steht nicht auf glcichcr Höhe mit
srühcrcn Leistungcn des Malers. Wenn anch dic Modcl-
lirung der Arme und ihr Fleischton meisterlich ist, so
läßi sjch in dcr Behandlung der Fleischtheile des-Gesichts
eine gewisse Manicriethcit nicht verkeuncn, eine romanti-
sirende Auffassuug, die z. B. zu der schlichten nnd an-
spruchslosen Charaktcristik Angeli' s dcn grellsten Gegen-
satz bildet. Ein leeres konvcntionelles Lächeln verzerrt

überdies dcn Mund der Dargestclllen zu einem unan-
genehmen Grinsen. — Auch zwei weibliche Porlraits
von Gussow zeigen bci dcrb naturalistischer Behaud-
lung dassclbe maskcnhafte Gepräge. Dazu kommt noch
bei dcm cincn dicser Portraits die unglaublich gcschmack-
lose Anordnung. Eine Dame (Vrustbild) in hcllblaucin
Klcidc gegcn cinen Hintergrund von gleicher noch blässerer
Farbe abgcsctzt.

Nicht vhnc Berdicnst ist cndlich cin größeres Genre-
bild von Herwig: Ein GrciS sitzt bei Tische uud be-
müht sich, seiuer ihm gegeuübersitzeuben gleichfalks hoch-
betagten Ehehälfte dadurch gefällig zu sein, daß er eine
Nähnadel mit dem Faden zn versehcn sich abmüht.
Treffciid in der Charakteristik nnd markig nnd kraftvoll
in der Ausführung, abcr meineS Erachtens darin ver-
fehlt, daß die bciden Figuren fast in Lebensgröße ge-
halten siud.

Von Plastik kaun ich Jhnen wcnig melden. Scit
man Steincr's trefflichcs „Nosenmädchen" zurückge-
wiescn hat, aus Gründen, die mir angesichts der Stalue
uucrfindlich gcwescn sind, ist nichts Hervorragcndes z"r
Ansstellung gelangt. Man trifft wohl Fabrikarbeiten
gcwöhnlichen Schlages, die auf Bcstcllung zu Dutzcndcu
ausgcführt werden könncu, abcr keine Arbcit originalen
Bcrdienslcs. llm sv erfreulicher waren mir zwei Nelicfs
von Geigcr im Rococogeschmack, für die Decke eincs
Speiscsaalü bcstiminl: Genicn in anmuthigem Gewiee
mit Trinkgefäßcn nnd Spcisegeräthcn dahinschwebend, i>n
Ucbrigen. ziemlich anspruchslvse, aber wohlgelungenc
Arbeiten, die mau in Wien vielleicht als selbstverständ-
lich ansehen und bcsondercr Hervorhebung nicht füe
werth erachten würdc. Hier zu Lande sind wir genüg-
samcr. Wir haben gegründete Ursachc, jede Regung
zum Bessern anf dem Gebiete der dekorativen Künste
mit Freudcn zu begrüßen, einem Gebiete, welches in
Berlin bckanntlich die Grazien derzcit noch nicht z"
ihrcm Tummelplatze crwählt haben.

F.. 14.

Vcnnischtr Nachlichtrn.

^ Aus Nom theilt mau uus deu Jnhalt des Berichtcs
der archäologischen Lromiliissivii der Stadl an den Sindico u»d
Präsidenlc» dieser Koiuiuission, Grajeu Pianciaiii voin >8 o-
Btts. iider die Ausbaggeriing deS Tibcrbettes init. Die Haupü
puuktc dicscs BerichtcS lasscu sich uach dcr Diskussiou dcr Frage
iu dcr Komnüssiou sclbcr iu Folgcudein zusaiuiueufasscu:

Es bestehi keiu Zwciscl darüber, daß auf dcm Gruude dcs
Tibcr cine Meugc allcr Kunstwerke in Marnior, Metall, Mü»
zeu, Genimen u. s. w. vcrborgen üegt, die thcils in Folge dcs
Einsturzcs der Deukuiale an deu Ufcrn dcs Flußcs in densclbe»
hinabfielen, theils bei Gelegenheit der Ptüuderiingen, die Ro>»
zu erleiden hatte, abstchtlich hineingeworfeu wurdeii, Iheils vo»
dem durch dic Abzugskauäle strvniendeu Wasser dahiu gefühü
wurdeu. Aber trotz dcm reißeuden Gcfälle des Flusse« n»d
trotz dem lchnügeii Gruude und der Tiese desselbeu ist k«
wahrscheiuüch, daß inaii einen Theil dicser Gegcnstäude, die
sowohl ihres Werthcs als ihrer Auzahl wcgen das allgcuieine
Jnleresse a»f sich zu ziehen verdienen, wieder heraufholen kan».
 
Annotationen