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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 10.1899

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Joseph, D.: Charles van der Stappen's Werke in Silber und Elfenbein auf der grossen Berliner Kunstausstellung von 1898
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https://doi.org/10.11588/diglit.4879#0012
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CHARLES VAN DER STAPPEN'S WERKE IN SILBER UND ELFENBEIN

Charles van der Stappen sculpteur 1890. Über
der Säule schwebt der heilige Michael, der Pa-
tron der Stadt, der eben im Begriff ist, den
sich des Stadtwappens bemächtigenden Satan
zu verfolgen. In vortrefflicher Wirkung er-
scheint das Herniedersausen des gepanzerten
und geflügelten Erzengels zum Ausdruck ge-
bracht, und wie sich der im Sturz befindliche
Satan mit seinem geraubten Wappen um den
Säulenstamm legt, als müsste die Länge der
Fahne ihm zum Verderb werden. Gegenüber
dieser in vollster Bewegung befindlichen Gruppe
kommen, darunter angeordnet, zwei ruhig um
den Stamm gelagerte Löwen zur Beachtung,
sowie ganz unten die zu zweien sitzenden
Pagen, welche die Wappenschilde der Armbrust-
schützen, der Fechter, der Scharfschützen und
der Bogenschützen halten.

An den beiden Seiten sind zwei Brüsseler
Legenden dargestellt, in denen die Brüsseler
Frauen eine Rolle spielen. Die eine Gruppe
(Abb. S. 1 u. 16) stellt eine Legende dar, wie wir sie
auch von den Weibern von Weinsberg kennen:
Die Frauen, denen der Feind gestattet, aus der
Stadt mitzunehmen, was sie nur tragen können,
worauf jene ihre Männer entführen. So auch
trägt hier eine lächelnde Frauengestalt ihren in
voller Rüstung befindlichen Gatten davon, wäh-
rend ein kleiner Putto den Köcher mit den
Pfeilen schleppt. Wie hat es doch der Künstler
verstanden, die Last dem schwachen Weibe etwas
leichter erscheinen zu lassen, indem er den
Gatten die Arme, deren rechter ein bekränztes
Schwert hält, ausstrecken lässt, um die Ba-
lance zu gewinnen.

Die zweite Legende bezieht sich auf den
durch eine Frau verhinderten Raub der Über-
reste der heil. Gudula (Abb. S. 1 u. 16). Der Räuber
eilt, in derRechten'den Reliquienkasten haltend,
in gestrecktem Lauf davon, er wird jedoch von
der strafenden Gerechtigkeit, die ihn in Ge-
stalt einer Brüsseler Frau verfolgt, ereilt. Ein
Putto unterstützt die Absicht der Frau wirk-
sam, indem er den Räuber um das rechte Bein
fasst, um ihn so am Laufen zu verhindern;
ein anderer Putto ist dem Ansturm des Räubers
bereits zum Opfer gefallen und liegt am Boden.
So erscheint der wichtige Moment ungemein
drastisch verwirklicht. Haupt- und Neben-
gruppen bilden in ideeller und kompositioneller
Beziehung durchaus ein abgerundetes Ganzes.

Von hoher künstlerischer Vollendung sind
auch die beiden Kandelaber, deren jeder zur
Aufnahme von 15 Kerzen dient. Figuren ver-
körpern die wesentlichsten Zweige der Gewerbe
 
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