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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 10.1899

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Minkus, Fritz: Die Winterausstellung im k. k. Museum für Kunst und Industrie in Wien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4879#0111
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Kassette mit Kupferbeschlägen, ausgeführt von August Unoethüm und Nicolaus Stadler, Wien.

DIE WINTERAUSSTELLUNG IM K. K. MUSEUM
FÜR KUNST UND INDUSTRIE IN WIEN

ICH bin durch die Möglichkeit, diesem Bericht
reiches Illustrationsmateria] beizugeben,1) der Auf-
gabe überhoben, die Winterausstellung des öster-
reichischen Museums in ihrer Wesenheit eingehend zu
erörtern. Die Dinge sprechen, glaube ich, für sich; sie
zeigen,worauf esankommt: aufein Ausgehen vom Zweck,
nicht vom Effekt. Das ist das Charakteristikum unseres
modernen Kunstgewerbes. Originalitätshascherei, die
allem Neuartigen so nahe liegt, vermeidet es mit Ängst-
lichkeit. In dem Gediegenen, dem Zweckmässigen, dem
Natürlichen sucht und findet es das Schöne. Kein
Ding ist ihm zur Verschönung zu gering, der einfache
Feuerrost des Kamins so wichtig, wie seine prächtige
Umkleidung. Das bietet die Gewähr für die glück-
liche Erfüllung der höchsten und edelsten Mission des
Kunsthandwerks: der Popularisierung geschmacklichen

1) Die Erlangbarkeit der Illustrationen verdanke ich
dem ungemein liebenswürdigen Entgegenkommen der Mu-
seumsleitung, der ich hiermit meinen wärmsten Dank aus-
spreche.

(Schluss.)

Feinsinns. Wer mit gleicher Sorgfalt das Unschein-
barste wie das Augenfälligste verschönt, wer die Schön-
heit auf den Fundamentalgeboten der Nutzmässigkeit
aufbaut, wird auch den Geschmack des kleinen Mannes
nicht in Schund und Flitter ersticken lassen.

Damit bin ich bei jenem Punkte angelangt, mit
dem ich im Vorjahr die Besprechung der ersten von
der neuen Leitung des österreichischen Museums ver-
anstalteten Winterausstellung1) schloss. Die Hoff-
nungen, denen ich damals Worte lieh, haben sich
erfüllt: ein einheitliches Band verbindet die kostbarsten
Gegenstände der diesjährigen Ausstellung mit ihren
wohlfeilsten: das Band tadelloser Gediegenheit von
Formgebung und Ausführung, ehrlicher Aufrichtigkeit
der Technik und des Wertes. Da ist nichts, das sich
anders gäbe, das mehr schiene, als es ist. In biederem
Bürgerstolz steht breitspurig der behagliche Strohsessel
neben dem aristokratisch-graziösen Mahagonistuhl und
dünkt sich genau so gut wie dieser; mit Recht: er

1) Vgl. Kunstgewerbeblatt N. F. IX. Jahrg. S. 75 ff.

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