VORSATZPAPIERE
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an dessen Darstellung die
Künstler aller anderen Völ-
ker (wenigstens zu dekora-
tiven Zwecken und mit so
einfachen Mitteln) sich nie-
mals wagten, weiss der ja-
panische Künstler, in be-
wundernswerter Ergründung
des Gesetzmässigen in den
Naturerscheinungen, für die
mannigfaltigsten Techniken
seiner Kunstindustrie — und
für jede wieder anders —
zu verwerten. Was unsere
Künstler in koloristischer
wie formaler Hinsicht von
den Japanern profitiert haben,
ist ungeheuer und noch gar
nicht genügend gewürdigt.
Es beschränkt sich auch
keineswegs auf das Kunst-
gewerbe, nicht einmal auf
die dekorative Kunst. In der
Darstellung des Charakte-
ristischen, in dem Zurück-
gehen auf die klare bestimm-
te Form, in der Wiederbe-
lebung der Symbolik ist es
nicht minder zu verspüren.
Was diejapaneran Mus-
tern für Vorsatzpapiere bie-
ten, ist denn auch geradezu
vorbildlich und mustergültig.
Vorsatzpapiere in unserem
Sinne verwenden sie zwar
gar nicht. Bekanntlich führt
man in Japan so feste,
wuchtige Einbände wie die
unsrigen überhaupt nicht.
Aber der japanische Buch-
binder beklebt seinen leichten, handlichen Büchern
gern die Aussendecken mit Buntpapier — wie dies
in früheren Zeiten auch unsere Buchbinder zuweilen
thaten. Und eine Anzahl der zu diesen Zwecken
angefertigten Papiere finden die Leser diesem Hefte
beigefügt.
Probehalber geben wir auch eine Anzahl neuerer
belgischer Vorsatzpapiere in Nachbildung wieder. Diese
greifen auf die primitive Art der sogenannten wolkigen
Muster zurück. Sie sind nicht ohne Geschick ge-
macht, scheinen uns aber — wir haben eine ganze
grosse Kollektion derselben durchgesehen — sämtlich
nur für ganz mächtige Folianten geeignet und für
kleinere Bücher durchaus unpassend. Auch halten
wir diese gar zu primitive Formengebung für jetzt
Vorsatzpapier, 17. Jahrhundert
Beispiel der Verwendun
Olive mit Goldeindruck. Ecken und Rücken von Schweinsleder,
g eines Vorsatzpapiers für die Buchaussenseite (Buchdecke).
nicht mehr angebracht, für eine erkünstelte Ein-
fachheit.
Besser gefallen unsdie Versuche deutscher Künstler:
Naturformen, besonders in ihrer malerischen Wirkung,
zu verwerten. Durch Farben oder Formen oder beides
zusammen eine ganz ausgesprochene Stimmung zu
erzeugen, halten wir für die höchste Aufgabe des ver-
zierenden Künstlers. Ohne alle Anwendung von
Symbolik der Verzierung bald den Charakter des
Ernsten, Feierlichen, bald den des Lieblichen, Ge-
fälligen oder auch des Grotesken, Burlesken, ja selbst
des Düsteren, Zerrissenen, Rätselhaften zu geben, ist
eine Kunst, die viel mehr geübt werden sollte. Gerade
hierin ist noch viel zu entdecken, sind noch manche
Geheimnisse der Form zu ergründen, können ganz
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an dessen Darstellung die
Künstler aller anderen Völ-
ker (wenigstens zu dekora-
tiven Zwecken und mit so
einfachen Mitteln) sich nie-
mals wagten, weiss der ja-
panische Künstler, in be-
wundernswerter Ergründung
des Gesetzmässigen in den
Naturerscheinungen, für die
mannigfaltigsten Techniken
seiner Kunstindustrie — und
für jede wieder anders —
zu verwerten. Was unsere
Künstler in koloristischer
wie formaler Hinsicht von
den Japanern profitiert haben,
ist ungeheuer und noch gar
nicht genügend gewürdigt.
Es beschränkt sich auch
keineswegs auf das Kunst-
gewerbe, nicht einmal auf
die dekorative Kunst. In der
Darstellung des Charakte-
ristischen, in dem Zurück-
gehen auf die klare bestimm-
te Form, in der Wiederbe-
lebung der Symbolik ist es
nicht minder zu verspüren.
Was diejapaneran Mus-
tern für Vorsatzpapiere bie-
ten, ist denn auch geradezu
vorbildlich und mustergültig.
Vorsatzpapiere in unserem
Sinne verwenden sie zwar
gar nicht. Bekanntlich führt
man in Japan so feste,
wuchtige Einbände wie die
unsrigen überhaupt nicht.
Aber der japanische Buch-
binder beklebt seinen leichten, handlichen Büchern
gern die Aussendecken mit Buntpapier — wie dies
in früheren Zeiten auch unsere Buchbinder zuweilen
thaten. Und eine Anzahl der zu diesen Zwecken
angefertigten Papiere finden die Leser diesem Hefte
beigefügt.
Probehalber geben wir auch eine Anzahl neuerer
belgischer Vorsatzpapiere in Nachbildung wieder. Diese
greifen auf die primitive Art der sogenannten wolkigen
Muster zurück. Sie sind nicht ohne Geschick ge-
macht, scheinen uns aber — wir haben eine ganze
grosse Kollektion derselben durchgesehen — sämtlich
nur für ganz mächtige Folianten geeignet und für
kleinere Bücher durchaus unpassend. Auch halten
wir diese gar zu primitive Formengebung für jetzt
Vorsatzpapier, 17. Jahrhundert
Beispiel der Verwendun
Olive mit Goldeindruck. Ecken und Rücken von Schweinsleder,
g eines Vorsatzpapiers für die Buchaussenseite (Buchdecke).
nicht mehr angebracht, für eine erkünstelte Ein-
fachheit.
Besser gefallen unsdie Versuche deutscher Künstler:
Naturformen, besonders in ihrer malerischen Wirkung,
zu verwerten. Durch Farben oder Formen oder beides
zusammen eine ganz ausgesprochene Stimmung zu
erzeugen, halten wir für die höchste Aufgabe des ver-
zierenden Künstlers. Ohne alle Anwendung von
Symbolik der Verzierung bald den Charakter des
Ernsten, Feierlichen, bald den des Lieblichen, Ge-
fälligen oder auch des Grotesken, Burlesken, ja selbst
des Düsteren, Zerrissenen, Rätselhaften zu geben, ist
eine Kunst, die viel mehr geübt werden sollte. Gerade
hierin ist noch viel zu entdecken, sind noch manche
Geheimnisse der Form zu ergründen, können ganz
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