11.8
KLEINE MITTEILUNGEN
sich nicht damit begnüge, fremde Muster einzuführen, was
berechtigterweise auch schon unter den früheren Direktionen
geschehen sei, sondern Erzeugnisse des Auslandes zum Ver-
kauf bringe, also die einheimische Industrie schädige. Das
ist der eigentliche und springende Punkt der ganzen Be-
wegung. So sah sich Erzherzog Rainer veranlasst zu
demissionieren; Kaiser Franz Joseph nahm das Gesuch an
mit der Anerkennung der grossen Dienste, welche er dem
Vaterlande erwiesen. «Mit erleuchteter Einsicht," schreibt
der ehrwürdige Beherrscher der Donauländer, „haben Euer
Eiebden im Jahre 1862, angeregt durch die auf der Welt-
ausstellung in London empfangenen Eindrücke, zur Er-
richtung dieser Anstalt in Ihrer Eigenschaft als Mein Minister-
präsident den Anstoss gegeben, mit glücklicher Hand die
tüchtigsten Kräfte zu ihrer Organisation und Verwaltung
gewonnen, in persönlicher Anteilnahme unermüdlich fördernd
und schützend fruchtbare Beziehungen zu
den gelehrten, künstlerischen und kunstge-
werblichen Kreisen unterhalten, welche der
kunstgewerblichen Bewegung in Österreich
zum Durchbruch verhelfen und den Wer-
ken des heimischen Kunstgewerbes ein Ge-
präge von dauerndem Werte geben. Unter
Ihrem Protektorate
sind das Museum und
die im Jahre 1867 ge-
gründete Kunstge-
werbeschule durch
Jahrzehnte Muster und
Vorbild fürzahlreiche,
auch im Auslande neu
entstandene Institute
und für ein Netz von
Zweiganstalten, Schu-
len und Museen ge-
worden, welche einen
sichtbaren Auf-
schwung öffentlicher
Bildung und gewerb-
lichen Wohlstandes
bewirkten." Esistkein
Zweifel, dass diese
sehr warme Anerken-
nung durchaus den
Thatsachen enspricht,
und weil man das all-
gemein wusste, des-
halb hat die Angele-
genheit ein solches
Aufsehen gemacht. Es
ist nun abermöglich,
dass die Verhältnisse
derart lagen, dassohne
festes Zugreifen eine
Änderung überhaupt
nicht möglich war.
Man wird sich da an
die vielfachen Bezie-
hungen des Museums
zu hochgestellten Per-
sönlichkeiten erinnern
müssen. Von diesem
Standpunkte aus be-
trachtet, erscheinen die
Härten der Bewegung
Tischlampe, für Bronzeguss entworfen von ERNST Riegel, München.
(Ca. 'I, natürl. Grösse.)
doch in einem wesentlich milderen Lichte. Dem Protektor
folgte, wie schon berichtet, das Kuratorium. Das war mehr
Formsache; an seiner Stelle wurde ein neues Kuratorium
ernannt, zu seinem Vorsitzenden der frühere Unterrichts-
minister und Ministerpräsident Baron Gautsch von Franken-
thurm. Zu Mitgliedern auf die Dauer von drei Jahren wurden
ernannt: Hofrat Dr. Otto Benndorf, das Mitglied des Herren-
hauses Nikolaus Dumba, der Grossindustrielle Willy Ginzkey,
das Mitglied des Herrenhauses Johann Graf Harrach, der
Professor an der Kunstakademie in Prag Adalbert Hynais,
die Mitglieder des Herrenhauses Grossindustrieller Arthur
Krupp, Karl Graf Lanckoronski-Brzezie und der Gross-
industrielle Adalbert Ritter v. Lanna, der Minister a. D.
Vincenz Graf Latour, der zweite Obersthofmeister Alfred
Fürst von Montenuovo, die Professoren an der Akademie
der bildenden Künste in Wien William Unger und Ober-
baurat Otto Wagner, der Hofrat im Oberst-
kämmerer-Amte Wilhelm Freiherr v. Weck-
becker, der Professor an der Universität
in Wien Dr. Franz Wickhoff, das Mitglied
des Herrenhauses Johann Nepomuk Graf
Wilczek und der Professor an der Aka-
demie der bildenden Künste in Wien Cas-
par Ritter v. Zum-
busch. Man darf wohl
seine Verwunderung
über diese so wenig
fachliche Zusammen-
setzung des Kurato-
riums ausdrücken.
Ausser dem Vorstande
des grossen Maffers-
dorfer Teppichhauses
Willy Ginzkey, dem
Herrn Arthur Krupp
und dem Oberbaurat
Otto Wagner ist kaum
noch ein Vertreter dar-
unter, der mit dem
Kunstgewerbe in eine
engere, vor allem prak-
tische Fühlung ge-
kommen ist, derwüss-
te, wo dasselbe der
Schuh drückt. So kann
man sich des Ein-
druckes nicht erweh-
ren, als ob aus dem
alten ehrwürdigen, er-
folgreichen Öster-
reichischen Museum
eine moderne Sport-
anstalt für den hohen
Adel von Wien und
Umgebung werden
soll. Bestärkt wird man
in dieser Auffassung,
wenn man eine sta-
tistische Aufstellung
liest, nach welcher un-
ter 110 Käufern der
Winterausstellung des
Museums sich 52 ad-
lige und 58 bürger-
liche Käufer befinden.
KLEINE MITTEILUNGEN
sich nicht damit begnüge, fremde Muster einzuführen, was
berechtigterweise auch schon unter den früheren Direktionen
geschehen sei, sondern Erzeugnisse des Auslandes zum Ver-
kauf bringe, also die einheimische Industrie schädige. Das
ist der eigentliche und springende Punkt der ganzen Be-
wegung. So sah sich Erzherzog Rainer veranlasst zu
demissionieren; Kaiser Franz Joseph nahm das Gesuch an
mit der Anerkennung der grossen Dienste, welche er dem
Vaterlande erwiesen. «Mit erleuchteter Einsicht," schreibt
der ehrwürdige Beherrscher der Donauländer, „haben Euer
Eiebden im Jahre 1862, angeregt durch die auf der Welt-
ausstellung in London empfangenen Eindrücke, zur Er-
richtung dieser Anstalt in Ihrer Eigenschaft als Mein Minister-
präsident den Anstoss gegeben, mit glücklicher Hand die
tüchtigsten Kräfte zu ihrer Organisation und Verwaltung
gewonnen, in persönlicher Anteilnahme unermüdlich fördernd
und schützend fruchtbare Beziehungen zu
den gelehrten, künstlerischen und kunstge-
werblichen Kreisen unterhalten, welche der
kunstgewerblichen Bewegung in Österreich
zum Durchbruch verhelfen und den Wer-
ken des heimischen Kunstgewerbes ein Ge-
präge von dauerndem Werte geben. Unter
Ihrem Protektorate
sind das Museum und
die im Jahre 1867 ge-
gründete Kunstge-
werbeschule durch
Jahrzehnte Muster und
Vorbild fürzahlreiche,
auch im Auslande neu
entstandene Institute
und für ein Netz von
Zweiganstalten, Schu-
len und Museen ge-
worden, welche einen
sichtbaren Auf-
schwung öffentlicher
Bildung und gewerb-
lichen Wohlstandes
bewirkten." Esistkein
Zweifel, dass diese
sehr warme Anerken-
nung durchaus den
Thatsachen enspricht,
und weil man das all-
gemein wusste, des-
halb hat die Angele-
genheit ein solches
Aufsehen gemacht. Es
ist nun abermöglich,
dass die Verhältnisse
derart lagen, dassohne
festes Zugreifen eine
Änderung überhaupt
nicht möglich war.
Man wird sich da an
die vielfachen Bezie-
hungen des Museums
zu hochgestellten Per-
sönlichkeiten erinnern
müssen. Von diesem
Standpunkte aus be-
trachtet, erscheinen die
Härten der Bewegung
Tischlampe, für Bronzeguss entworfen von ERNST Riegel, München.
(Ca. 'I, natürl. Grösse.)
doch in einem wesentlich milderen Lichte. Dem Protektor
folgte, wie schon berichtet, das Kuratorium. Das war mehr
Formsache; an seiner Stelle wurde ein neues Kuratorium
ernannt, zu seinem Vorsitzenden der frühere Unterrichts-
minister und Ministerpräsident Baron Gautsch von Franken-
thurm. Zu Mitgliedern auf die Dauer von drei Jahren wurden
ernannt: Hofrat Dr. Otto Benndorf, das Mitglied des Herren-
hauses Nikolaus Dumba, der Grossindustrielle Willy Ginzkey,
das Mitglied des Herrenhauses Johann Graf Harrach, der
Professor an der Kunstakademie in Prag Adalbert Hynais,
die Mitglieder des Herrenhauses Grossindustrieller Arthur
Krupp, Karl Graf Lanckoronski-Brzezie und der Gross-
industrielle Adalbert Ritter v. Lanna, der Minister a. D.
Vincenz Graf Latour, der zweite Obersthofmeister Alfred
Fürst von Montenuovo, die Professoren an der Akademie
der bildenden Künste in Wien William Unger und Ober-
baurat Otto Wagner, der Hofrat im Oberst-
kämmerer-Amte Wilhelm Freiherr v. Weck-
becker, der Professor an der Universität
in Wien Dr. Franz Wickhoff, das Mitglied
des Herrenhauses Johann Nepomuk Graf
Wilczek und der Professor an der Aka-
demie der bildenden Künste in Wien Cas-
par Ritter v. Zum-
busch. Man darf wohl
seine Verwunderung
über diese so wenig
fachliche Zusammen-
setzung des Kurato-
riums ausdrücken.
Ausser dem Vorstande
des grossen Maffers-
dorfer Teppichhauses
Willy Ginzkey, dem
Herrn Arthur Krupp
und dem Oberbaurat
Otto Wagner ist kaum
noch ein Vertreter dar-
unter, der mit dem
Kunstgewerbe in eine
engere, vor allem prak-
tische Fühlung ge-
kommen ist, derwüss-
te, wo dasselbe der
Schuh drückt. So kann
man sich des Ein-
druckes nicht erweh-
ren, als ob aus dem
alten ehrwürdigen, er-
folgreichen Öster-
reichischen Museum
eine moderne Sport-
anstalt für den hohen
Adel von Wien und
Umgebung werden
soll. Bestärkt wird man
in dieser Auffassung,
wenn man eine sta-
tistische Aufstellung
liest, nach welcher un-
ter 110 Käufern der
Winterausstellung des
Museums sich 52 ad-
lige und 58 bürger-
liche Käufer befinden.