DIE FRESKOMALEREI
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auf der Mauer sitzt, wo er hingehört. — Ich habe
davon sprechen hören, dass sich auf geputzten Wand-
flächen eine Schale oder Borke bildet, welche
daraus entsteht, dass neue Zimmer mittels Kohlen-
becken ausgetrocknet werden. Es bildet sich, so sagt
man, eine harte Schale, welche die in dem Mörtel
enthaltene Feuchtigkeit einschliesst und bei Frost-
wetter abspringt. Dies ist ganz einleuchtend; denn
die Kohlenbecken entwickeln teils Kohlensäure, teils
Wärme, und zwar so viel Wärme, dass das Wasser
von der Oberfläche der Wände verdampfen muss. Ist
das Wasser erst verdampft, wird das weitere Ein-
dringen der Koh-
lensäure gehemmt,
und die äussere, ge-
härtete Schale oder
Borke hat keine Ver-
bindung mit den
tiefer liegenden
Schichten, deren
einzelne Teile nicht
einmal untereinan-
derverbunden sind,
weil das Kalkhydrat
nicht in kohlensau-
ren Kalk umgestaltet
werden kann. Wenn
man dagegen kom-
primierte Kohlen-
säure, welche sehr
kalt ist, über eine
Wandfläche hin-
führt, wird das in
dem Kalkhydrat
enthaltene Wasser
aus der Kohlensäure
freigemacht und er-
scheint als Perlen
auf der Oberfläche,
welche so fortwäh-
rend nass und kalt
Mauer so stark saugt
Präsentierteller, entworfen von Prof. G.
C. A. Beumers
gehalten wird. Wenn die
dass das Wasser nach innen
geht, ist dieses nur dem Prozesse des Härtens förder-
lich, weil das Wasser kohlensauer ist. Hier ist dann
von einer Borkenbildung nicht die Rede, da der
Prozess sich so lange fortsetzt, wie man es wünscht.
Nachdem ich nun von dem chemischen Prozesse
und der Methode des Härtens gesprochen habe, werde
ich einen Augenblick bei dem Material verweilen.
Ein guter Kalk spielt natürlich eine Hauptrolle, und
unter gutem Kalke verstehe ich eigentlich einen reinen
Kalk, welcher von fremden Stoffen, wie Eisen oder
Lehm, frei ist. Wenn man jedoch fortwährend experi-
mentiert, wird man feinhörig in Bezug auf alles, was
zu Verbesserungen oder zu neuen Resultaten führen
kann. Ich hörte einmal sagen, dass die Archäologen
oft mit ihren Ausgrabungen in Italien aufhörten, wenn
sie auf kleine Kalköfen stiessen. An solchen Stellen
war es nämlich oft der Fall, dass Kapitaler und Ruinen
von Marmorgebäuden zu Kalk verbrannt waren. Ich
dachte mir dann, dass die italienischen Fresken mög-
licherweise diesem Marmorkalke in etwas ihre Halt-
barkeit verdankten. Ich verbrannte daher italienischen
Marmor; dieser Kalk wird schneeweiss und härtet
sich leichter ab als unsere Kalksorten; er wird auch
härter, er ist fetter, als jeder andere Kalk und zeigt,
selbst in der Mischung von 1 zu 1, im Mörtel keine
Neigung, Risse zu
bekommen. Der
Marmor ist bekannt-
lich krystallinisch,
unsere Kalksteine
aber könnte man
organisch nennen,
weil Muscheln, Ko-
rallen und andere
Seetiere dieselben
aus ihren Schalen
gebildet haben. Bei
späteren Untersu-
chungen von Kalk-
brüchen im Gebirge
bei Pompeji habe
ich auch gefunden,
dass diese aus einem
sehr harten, krystal-
linischen Kalkstein
bestehen.
Man darf nun
aber nicht den Ge-
brauch von Mar-
morkalk mit dem
Gebrauche von
Marmorsand ver-
wechseln. Der Mar-
morsand ist in unserem Klima ein schlechtes Material.
Für den inwendigen Gebrauch zum Feinputz mag
er recht hübsch sein; auswendig aber wird er leicht
verwittern und steht hinter unserem eigenen Sande,
was die Dauerhaftigkeit betrifft, weit zurück. Viele
Leute aber bilden sich eine unbestimmte Vorstellung
von Marmorsand, wenn von der Freskomalerei die
Rede ist, und sie schliessen, dass ein Mörtel von
Kalk und Marmorsand nicht dauerhaft sein kann,
weil der Marmor selbst in unserem Klima nicht dauer-
haft ist.
Nein, ein gut behandelter Kalkmörtel, das ist es,
was wir brauchen können. Der Marmorkalk ist nur
ein reinerer und stärkerer Kalk als der gewöhnliche
und dient nur als Bindemittel zwischen den Quarz-
Oeder, ausgeführt von Silberschmied
Düsseldorf.
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auf der Mauer sitzt, wo er hingehört. — Ich habe
davon sprechen hören, dass sich auf geputzten Wand-
flächen eine Schale oder Borke bildet, welche
daraus entsteht, dass neue Zimmer mittels Kohlen-
becken ausgetrocknet werden. Es bildet sich, so sagt
man, eine harte Schale, welche die in dem Mörtel
enthaltene Feuchtigkeit einschliesst und bei Frost-
wetter abspringt. Dies ist ganz einleuchtend; denn
die Kohlenbecken entwickeln teils Kohlensäure, teils
Wärme, und zwar so viel Wärme, dass das Wasser
von der Oberfläche der Wände verdampfen muss. Ist
das Wasser erst verdampft, wird das weitere Ein-
dringen der Koh-
lensäure gehemmt,
und die äussere, ge-
härtete Schale oder
Borke hat keine Ver-
bindung mit den
tiefer liegenden
Schichten, deren
einzelne Teile nicht
einmal untereinan-
derverbunden sind,
weil das Kalkhydrat
nicht in kohlensau-
ren Kalk umgestaltet
werden kann. Wenn
man dagegen kom-
primierte Kohlen-
säure, welche sehr
kalt ist, über eine
Wandfläche hin-
führt, wird das in
dem Kalkhydrat
enthaltene Wasser
aus der Kohlensäure
freigemacht und er-
scheint als Perlen
auf der Oberfläche,
welche so fortwäh-
rend nass und kalt
Mauer so stark saugt
Präsentierteller, entworfen von Prof. G.
C. A. Beumers
gehalten wird. Wenn die
dass das Wasser nach innen
geht, ist dieses nur dem Prozesse des Härtens förder-
lich, weil das Wasser kohlensauer ist. Hier ist dann
von einer Borkenbildung nicht die Rede, da der
Prozess sich so lange fortsetzt, wie man es wünscht.
Nachdem ich nun von dem chemischen Prozesse
und der Methode des Härtens gesprochen habe, werde
ich einen Augenblick bei dem Material verweilen.
Ein guter Kalk spielt natürlich eine Hauptrolle, und
unter gutem Kalke verstehe ich eigentlich einen reinen
Kalk, welcher von fremden Stoffen, wie Eisen oder
Lehm, frei ist. Wenn man jedoch fortwährend experi-
mentiert, wird man feinhörig in Bezug auf alles, was
zu Verbesserungen oder zu neuen Resultaten führen
kann. Ich hörte einmal sagen, dass die Archäologen
oft mit ihren Ausgrabungen in Italien aufhörten, wenn
sie auf kleine Kalköfen stiessen. An solchen Stellen
war es nämlich oft der Fall, dass Kapitaler und Ruinen
von Marmorgebäuden zu Kalk verbrannt waren. Ich
dachte mir dann, dass die italienischen Fresken mög-
licherweise diesem Marmorkalke in etwas ihre Halt-
barkeit verdankten. Ich verbrannte daher italienischen
Marmor; dieser Kalk wird schneeweiss und härtet
sich leichter ab als unsere Kalksorten; er wird auch
härter, er ist fetter, als jeder andere Kalk und zeigt,
selbst in der Mischung von 1 zu 1, im Mörtel keine
Neigung, Risse zu
bekommen. Der
Marmor ist bekannt-
lich krystallinisch,
unsere Kalksteine
aber könnte man
organisch nennen,
weil Muscheln, Ko-
rallen und andere
Seetiere dieselben
aus ihren Schalen
gebildet haben. Bei
späteren Untersu-
chungen von Kalk-
brüchen im Gebirge
bei Pompeji habe
ich auch gefunden,
dass diese aus einem
sehr harten, krystal-
linischen Kalkstein
bestehen.
Man darf nun
aber nicht den Ge-
brauch von Mar-
morkalk mit dem
Gebrauche von
Marmorsand ver-
wechseln. Der Mar-
morsand ist in unserem Klima ein schlechtes Material.
Für den inwendigen Gebrauch zum Feinputz mag
er recht hübsch sein; auswendig aber wird er leicht
verwittern und steht hinter unserem eigenen Sande,
was die Dauerhaftigkeit betrifft, weit zurück. Viele
Leute aber bilden sich eine unbestimmte Vorstellung
von Marmorsand, wenn von der Freskomalerei die
Rede ist, und sie schliessen, dass ein Mörtel von
Kalk und Marmorsand nicht dauerhaft sein kann,
weil der Marmor selbst in unserem Klima nicht dauer-
haft ist.
Nein, ein gut behandelter Kalkmörtel, das ist es,
was wir brauchen können. Der Marmorkalk ist nur
ein reinerer und stärkerer Kalk als der gewöhnliche
und dient nur als Bindemittel zwischen den Quarz-
Oeder, ausgeführt von Silberschmied
Düsseldorf.