DIE FRESKOMALEREI
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und deren Behandlung. Die Chemie der Farben aber
bildet sicherlich den umfassendsten und verwickeltsten
Teil der Chemie im ganzen genommen; selbst für einen
Chemiker wäre dies ein Studium für das Leben. Man
muss also ganz erfahrungsgemäss ans Werk gehen.
Es giebt Farben, welche Schwefel, andere, welche
Quecksilber oder Eisen enthalten und welche, sie
mögen nun etwas mit dem Kalke zu thun haben oder
nicht, sich untereinander verzehren, wenn sie zusammen-
kommen. Hier muss man also Versuche machen und
niemals eine Mischung gebrauchen, bevor man sie
vorher geprüft und gut befunden hat. Hierzu kommt,
dass es fast unmöglich ist, echte Farben, d. h. solche,
welche das sind, was sie heissen, zu erhalten. Fast
alle sind Nachahmungen. Sie sind „aufgeputzt"
worden, wie die Fabrikanten sagen, d. h. sie sind
durch Aniline und dergleichen lebhafter, glühender
gemacht; wenn man sie alsdann um der oder jener
Schönheit willen gebrauchen will, ist die Schönheit in
demselben Augenblicke fort, wo die Farbe den Kalk
berührt. Das Ganze ist jedoch nicht schlimmer, als
dass man schnell in diesem Punkte Erfahrung ge-
winnenkann; ich bin schon jetzt im stände, alle Farben
des Regenbogens herzustellen und kann für ihre
Dauerhaftigkeit einstehen. Dadurch, dass die Farben
in die Kalkkrystalle eingekapselt worden sind, ist ihnen
eine Schönheit zu teil geworden, welche die nämlichen
Farben in keinem anderen Materiale haben können.
Nehmen wir z. B. das Ultramarin, so wird dieses, als
Leimfarbe gebraucht, tot und schwerfällig werden, ja
auch, wenn es im Aquarell angewandt wird; in Ölfarbe
erhält es einen rötlichen Schimmer und ein bleiartiges
Aussehen, im Fresko aber steht es wie Lapis lazuli,
strahlend blau.
Was die Anwendung von Freskofarben betrifft,
so können sie sowohl in der Bauindustrie wie in der
Kunst nützlich sein. Werden dieselben nach meiner
Methode angewandt, können die Maurer und Maler
in einem neu aufgeführten Gebäude gleichzeitig ar-
' beiten und die Wände fertig machen, wie wir weiter
unten sehen werden.
So wie es jetzt gemacht wird, geht die Arbeit
vor sich, wie folgt: Die Maurer machen den Grob-
putz der Wände und dann den Feinputz, sobald die
Wände dazu geeignet sind. Dann kommen die Zimmer-
leute und Tischler, um die Fussböden, die Thür- und
Fensteröffnungen u. dgl. zu machen; dadurch wird
ein Teil des Feinputzes beschädigt, und der Maurer
kommt wieder, um auszubessern. Zuletzt kommt der
Maler, um die Ausschmückung zu vollenden. In
diesem Augenblicke jedoch sind die Wände nicht
trocken genug, um fertig gemacht zu werden. Sie
werden deshalb mit Leimfarbe gestrichen, um später,
in der Regel nach Verlauf einiger Jahre, mit Ölfarbe
gemalt zu werden. Diese Ausschmückung ist aber
Kunstgewerbeblatt. N. F. X. H. 7.
ziemlich teuer, auch wenn sie ganz einfach ge-
macht wird.
Wenn dagegen Freskofarben angewandt werden,
ist das Verfahren wie folgt: Gleich nachdem der
Maurer die Wände fertig gemacht hat, vollenden
der Zimmermann und der Tischler ihre Arbeit. Dann
kommen der Maurer und der Maler, um zusammen
zu arbeiten. Der Maurer macht den Feinputz und,
während dieser noch feucht ist — er wird fast so-
gleich fest, ist aber dennoch feucht —, streicht der
Maler die Wände, behandelt sie mit der Kohlensäure
und walzt sie mit der Walze. Die Wände sind nun
matt und glatt, also nicht für den Schmutz empfäng-
lich, und können nach Belieben mit kochendem Wasser
gewaschen werden. Sie sind ausgetrocknet, weil die
Kohlensäure, wie oben erwähnt, das Wasser im Kalk-
Kredcnzbecher, entworfen von Prof. O. Oeder, ausgeführt von Silbe
schmied C. A. Beumers, Düsseldorf.
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und deren Behandlung. Die Chemie der Farben aber
bildet sicherlich den umfassendsten und verwickeltsten
Teil der Chemie im ganzen genommen; selbst für einen
Chemiker wäre dies ein Studium für das Leben. Man
muss also ganz erfahrungsgemäss ans Werk gehen.
Es giebt Farben, welche Schwefel, andere, welche
Quecksilber oder Eisen enthalten und welche, sie
mögen nun etwas mit dem Kalke zu thun haben oder
nicht, sich untereinander verzehren, wenn sie zusammen-
kommen. Hier muss man also Versuche machen und
niemals eine Mischung gebrauchen, bevor man sie
vorher geprüft und gut befunden hat. Hierzu kommt,
dass es fast unmöglich ist, echte Farben, d. h. solche,
welche das sind, was sie heissen, zu erhalten. Fast
alle sind Nachahmungen. Sie sind „aufgeputzt"
worden, wie die Fabrikanten sagen, d. h. sie sind
durch Aniline und dergleichen lebhafter, glühender
gemacht; wenn man sie alsdann um der oder jener
Schönheit willen gebrauchen will, ist die Schönheit in
demselben Augenblicke fort, wo die Farbe den Kalk
berührt. Das Ganze ist jedoch nicht schlimmer, als
dass man schnell in diesem Punkte Erfahrung ge-
winnenkann; ich bin schon jetzt im stände, alle Farben
des Regenbogens herzustellen und kann für ihre
Dauerhaftigkeit einstehen. Dadurch, dass die Farben
in die Kalkkrystalle eingekapselt worden sind, ist ihnen
eine Schönheit zu teil geworden, welche die nämlichen
Farben in keinem anderen Materiale haben können.
Nehmen wir z. B. das Ultramarin, so wird dieses, als
Leimfarbe gebraucht, tot und schwerfällig werden, ja
auch, wenn es im Aquarell angewandt wird; in Ölfarbe
erhält es einen rötlichen Schimmer und ein bleiartiges
Aussehen, im Fresko aber steht es wie Lapis lazuli,
strahlend blau.
Was die Anwendung von Freskofarben betrifft,
so können sie sowohl in der Bauindustrie wie in der
Kunst nützlich sein. Werden dieselben nach meiner
Methode angewandt, können die Maurer und Maler
in einem neu aufgeführten Gebäude gleichzeitig ar-
' beiten und die Wände fertig machen, wie wir weiter
unten sehen werden.
So wie es jetzt gemacht wird, geht die Arbeit
vor sich, wie folgt: Die Maurer machen den Grob-
putz der Wände und dann den Feinputz, sobald die
Wände dazu geeignet sind. Dann kommen die Zimmer-
leute und Tischler, um die Fussböden, die Thür- und
Fensteröffnungen u. dgl. zu machen; dadurch wird
ein Teil des Feinputzes beschädigt, und der Maurer
kommt wieder, um auszubessern. Zuletzt kommt der
Maler, um die Ausschmückung zu vollenden. In
diesem Augenblicke jedoch sind die Wände nicht
trocken genug, um fertig gemacht zu werden. Sie
werden deshalb mit Leimfarbe gestrichen, um später,
in der Regel nach Verlauf einiger Jahre, mit Ölfarbe
gemalt zu werden. Diese Ausschmückung ist aber
Kunstgewerbeblatt. N. F. X. H. 7.
ziemlich teuer, auch wenn sie ganz einfach ge-
macht wird.
Wenn dagegen Freskofarben angewandt werden,
ist das Verfahren wie folgt: Gleich nachdem der
Maurer die Wände fertig gemacht hat, vollenden
der Zimmermann und der Tischler ihre Arbeit. Dann
kommen der Maurer und der Maler, um zusammen
zu arbeiten. Der Maurer macht den Feinputz und,
während dieser noch feucht ist — er wird fast so-
gleich fest, ist aber dennoch feucht —, streicht der
Maler die Wände, behandelt sie mit der Kohlensäure
und walzt sie mit der Walze. Die Wände sind nun
matt und glatt, also nicht für den Schmutz empfäng-
lich, und können nach Belieben mit kochendem Wasser
gewaschen werden. Sie sind ausgetrocknet, weil die
Kohlensäure, wie oben erwähnt, das Wasser im Kalk-
Kredcnzbecher, entworfen von Prof. O. Oeder, ausgeführt von Silbe
schmied C. A. Beumers, Düsseldorf.
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