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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 10.1899

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Matthiesen, Oscar: Die Freskomalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4879#0143
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DIE FRESKOMALEREI

Berlin hat Herr Direktor Anton von Werner veran-
lasst, dass eine Anzahl reiferer Schüler der Kgl. Hoch-
schule für die bildenden Künste sich unter Herrn
Matthiesen's Leitung an den Korridorwänden in dem
neuen Verfahren haben üben können; hier ist der
Beweis erbracht, dass man damit die verschiedensten
Arten malerischer Wirkung erzielen kann. Eine kleinere
Probe ornamentaler Art, die der Künstler selbst vor
vier Monaten unter den ungünstigsten Bedingungen,
bei strömendem Regen, an einer Aussenwand des
Hochschulgebäudes ausgeführt hat, ist allen Unbilden
des Wetters ausgesetzt gewesen und scheint in der
That zu beweisen, dass an der glatten, dicht ge-
schlossenen Malfläche die Angriffe der Atmosphäre
abprallen. Auch lässt sich hier erkennen, wie der
milde Schimmer der Farben besonders bei sachge-
mässer Stilisierung, bei dekorativer Behandlung, zur
Geltung kommt. In Professor Hoffacker's neuem
Künstlerhaus sind zwei Flächen im Vestibül nach dem
Entwürfe des Maler Koberstein mit Ornamenten be-
malt worden. Alle diese Versuche scheinen in der
That zu verheissen, dass hier für die Wandmalerei
ein neues, fruchtbares Prinzip gefunden ist.

Wir freuen uns, den Entdecker dieser neuen Pfade
unseren Lesern auch als Künstler vorführen zu können,
besonders durch zwei Fresken, die er kürzlich für die
Aussenseite einer Villa in Dänemark geschaffen hat.
Ihre grosszügige Art entspricht der Tendenz, die der
Künstler schon in seinen früheren Gemälden betont
hat. 1861 in Schleswig geboren, hat er bis 1884 die
Akademie in Kopenhagen besucht. In seinen Ölbildern,
z. B. in dem frühesten, „Kaiphas" nach Dante's Gött-
licher Komödie, und in der lebensgrossen Gruppe

zweier Lastpferde vor einem Karren (ausgestellt 1891
im Champ de Mars zu Paris), herrscht der Zug zu
grossen Massstäben, entschiedener Linienkomposition
und monumentaler Wirkung, die den geborenen Fresko-
maler verrät. Mit verschiedenen dekorativen Aufträgen
ist der Künstler in seiner Heimat betraut worden; be-
sonders hat er das Äussere mehrerer Villen in frischer
Farbigkeit ausgestattet. Zur Ausschmückung des neuen
mineralogischen Museums in Kopenhagen hat der
Künstler Kartons mit eigenartigen Erfindungen ge-
liefert, in denen die Hauptmotive der Gesteinswelt
und der geologischen Epochen zu gefälligen Orna-
menten verwertet sind. Schon früher in seiner Heimat
mit der kleinen goldenen Medaille prämiiert, ist Herr
Matthiesen 1893 dänischer Regierungskommissar für
die bildenden Künste auf der Weltausstellung von
Chicago gewesen. Im Kreise der interessanten Volks-
lehrbewegung, die in Dänemark von Studierenden und
studierten Männern unterhalten wird, ist er mit Vor-
liebe auch als Zeichenlehrer (in entschlossen moderner
Tendenz) thätig gewesen und hat seine frische Methode
auch litterarisch niedergelegt. Seine ausgeführten
Fresken haben ihrer künstlerischen und technischen
Vorzüge wegen neben anderen Auszeichnungen zu
dem Staatsauftrag geführt, die Wandmalerei der euro-
päischen Kunststätten, besonders die des alten Pompeji,
an Ort und Stelle eingehend zu studieren. Im An-
schluss an diese Studienreisen hat der thätige Künstler
speciell in Deutschland für längere Zeit Aufenthalt
genommen. Es ist zu wünschen, dass seine Erfah-
rungen und Entdeckungen auch der deutschen Wand-
malerei, sowohl der Monumentalkunst, wie der De-
korationsmalerei, zu gute kommen möchten, p. j. ,

Schlussstück, gezeichnet

von Ed. Liesen, Berlin
 
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