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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 10.1899

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Leisching, Julius: Die Entwicklung der Möbelformen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4879#0179
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DIE ENTWICKLUNG DER MÖBELFORMEN

Minnesängerhaben keine Ahnung davon. Zur Morgen-
toilette und nach dem Mahle giessen die Diener das
Wasser über die Hände,. So bleibt es auch späterhin
beim einfachen Wandbrunnen einzeln stehend oder
zur Kredenz gehörig mit kleiner Giesskanne und allzu
schmalem Becken. Der Brunnen im Hofe, mehr noch
das Bad — denn daran hat es allerdings nie gefehlt —
thun das Übrige. Gerade letzterer Umstand aber
lehrt uns im Verdammungsurteil zurückzuhalten! — Wie-

Das Büffet war ursprünglich sogar ein eigenes
Zimmer zur Aufbewahrung kostbarer Gegenstände.
Noch auf einem Entwürfe Jacob Schübler's blicken
wir durch die geöffneten Thüren in einen solchen
Raum, „so naechst an dem Speiss-Zimmer anstosset«,
in welch ersterem sich dann der eigentliche Kredenz-
tisch befindet. Die Kredenz hatte zuerst die Bestim-
mung, neben dem Altare zu stehen, um das Altargerät
zu tragen. In der Wohnung vor und nach der Mahl-

Kronleuchter für den „Essener Hof", ausgeführt von Paul Stotz (G. m. b. H.), Stuttgart.

viel Jahrhunderte hat man sich späterhin ohne eigene
Badstube beholfen, und wie lange ist es denn her,
dasssie endlich wieder in jedem bürgerlichen Haushalt
gefordert wird? —

Dafür kennt das spätere Mittelalter aber doch
schon jene Möbel, die später zur Hauptzierde der
Wohnungseinrichtung wurden: Buffett, Kredenz und
Dressoir, und zwar in genauer Unterscheidung, während
sich für uns Namen und Gestalt derselben mannigfach
verschoben haben.

zeit zur Aufnahme ihres gewöhnlichen Gerätes dienend
war die Kredenz ein verschliessbarer, zweiflügeliger
Kasten auf vier hohen Füssen, den Stollen. Es ist
der eigentliche Anrichtetisch, denn sein Name stammt
von dem italienischen far credenza, d. h. die Probe
machen, kosten. Der Dressoir dagegen, ein stufen-
förmiger Aufbau, diente zur Schaustellung kostbarer
Zierstücke, des Stolzes seiner Besitzer, nach dessen
Rang die Zahl der Stufen bemessen war. Die Ver-
bindung dieses offenen Gestells im Oberbau mit den
 
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