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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 10.1899

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4879#0207
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KLEINE MITTEILUNGEN

Wenn die moderne kunstgewerbliche Bewegung das
Wort „echt" zu ihrem Losungswort gemacht hat, soll
damit keineswegs die Verarbeitung von nur besonders
wertvollem Material verlangt werden, wohl aber, dass das
zu verarbeitende Material nicht durch stilwidrige Behand-
lung, durch Pressung, Anstrich oder sonstigen Ober-
zug seiner Eigenart entkleidet werde. Dieser modernen
Forderung, die mit den Grundsätzen des besten Kunst-
gewerbes aller Zeiten in Einklang steht, suchen auch
die künstlerischen Lederschnittarbeiten, die der Königl.
Hofbuchbinder W. Collin nach Entwürfen des Malers L.
Sütterlin ausführt, Rechnung zu tragen. Wenn man bisher
dem Rindleder einen far-
bigen Schmuck verleihen
wollte, so pflegte man
dies durch Bemalung mit
Ölfarbe zu bewerkstel-
ligen. Aber abgesehen
davon, dass mit der Zeit
sich die Farbe stel-
lenweise ablöste,
ging durch diese
Bemalung trotz al-
ler Vorsicht die
reizvolle natürliche

Oberflächennar-
bung des Leders
verloren. Die Col-
lin-Sütterlin'schen
Lederschnittarbei-
ten dagegen erhal-
ten ihren farbigen

Schmuck nicht
durch Bemalung,
sondern durch eine
neue Methode, mit-
tels deren das Leder
gewissermassen in
der Masse gefärbt,
die Oberfläche des-
selben also in kei-
ner Weise verän-
dert wird. Die er-
zielten Farbenef-
fekte sind von wohl-
thuender Harmo-
' nie, weil sämtliche
Farben durch den
unverdeckten gel-
ben Grundton des
Leders zusammen-

gestimmt sind. Da die Farben in die Poren des Leders ein-
gebeizt werden, sind sie ausserdem von unverwüstlicher
Haltbarkeit. Die Dekoration ist, wiederum im Einklang mit
den Forderungen der modernen Kunstbewegung, eine reine
Flächendekoration und vermeidet die aus anderen Techniken
früher auf das Leder übertragene Schattierung. Die An-
regung zur Herstellung dieser Lederarbeiten ist von Herrn
Dr. P. Jessen, Direktor am Königl. Kunstgewerbemuseum
in Berlin, ausgegangen. Die neue Methode, sowie die
Entwürfe selbst geniessen den Musterschutz.

Schlussstück, gezeichnet von A. Wimmer, Leipzig.

Der auf S. 191 mitgeteilte elektrische Beleuchtungskörper
befindet sich im Ratskeller des neuen Rathauses zu Hamburg,
und zwar im „Rosenkranz", so genannt von dem den Raum
beherrschenden, in Stein gehauenen grossen Rosenkranz auf
der gewölbten Decke. Dieser Raum, in welchem sich die
Senatoren der freien Reichsstadt öfters zusammenfinden, ist
vor den übrigen Räumen des Ratskellers in seiner Aus-
bildung und seinem
Schmucke bevorzugt, und
sein stimmungsvoller Ein-
druck wird nicht zum we-
nigsten dadurch hervorge-
bracht, dass die Architek-
tur des Raumes in so reiz-
voller Weise aus-
klingt in dem duf-
tigen Beleuchtungs-
körper mit seinen
beiden gegossenen
resp. getriebenen
Reifen und seinem
massiven Schluss-
knauf, auf welchem
das Hamburger
Wappen sich aus
Schilf erhebt und

von Eichenlaub
umwunden ist. Das
Material des Leuch-
ters ist venetia-
nisches Glas und
Bronze. Der Leuch-
ter ist entworfen
von dem Architek-
ten Eduard Fremb-
gen, Berlin, und
ausgeführt von der
Firma R. Frister,
Inhaber Engel &
Heegewaldt, da-
selbst. Die wir-
kungsvollen Mo-
delle stammen vom
Bildhauer Heinrich
Koch, Charlotten-
burg.

Herausgeber und für die Redaktion verantwortlich: Professor Karl Hoffacker, Architekt in Charlottenburg-Berlin.

Druck von August Pries in Leipzig.
 
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