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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 10.1899

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4879#0224
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KLEINE MITTEILUNGEN

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Ziele dieses unserer Ansicht nach zur Be-
herrschung der Zukunft berufenen Kunst-
zweiges gründlich verkennen, wenn man
als kunstgewerblichen Gegenstand alles
zur Ausschmückung eines Zimmers Be-
stimmte gelten lässt. Wenn man unter
der Menge dieser objets d'art, die nur
zur Aufstellung auf dem Kaminsims zu
gebrauchen sind, von Zeit zu Zeit ein
wirklich nützliches Kunstwerk findet, so
ist die Freude nachher um so grösser, aber
die französischen Kunsthandwerker sollten
uns diese Freude nicht gar so selten
machen. Zu diesen erfreulichen Dingen
gehören die wenigen ausgestellten Möbel,
die noch weniger zahlreichen schmiede-
eisernen Gegenstände, die nicht ganz so
seltenen Ledereinbände und die ziemlich
reichhaltig vorhandenen Schmucksachen.
Besonders diese letzteren verdienen alle
Aufmerksamkeit, denn sie zeigen uns, dass
die französische Goldschmiedekunst im
Begriff ist, einen neuen Aufschwung zu
nehmen. Wenn man kritisch sein will,
muss man allerdings zugeben, dass auch
auf diesem Gebiete der diesjährige Salon
nichts Neues gebracht
hat, und dass sich nur
die Zahl der ausstel-
lenden Goldschmiede
und somit dieZahlder
ausgestellten Arbeiten
bedeutend vermehrt
hat. Der Urheber die-
ser Bewegung ist Rene
Laliqae, dessen Arbei-
ten schon seit einigen
Jahren den Beifall der Kenner und -
was auch nicht zu verachten ist — der
Käufer finden. Es gehört jetzt in der
Aristokratie und Plutokratie von Paris
zum guten Tone, dass die Damen Schmuck-
sachen von Lalique tragen, wie man er-
fahren kann, auch wenn man mit diesen
Damen nicht in Berührung kommt. Denn
Lalique versäumt es nie, seinen Arnibän-







dem, Halsketten, Broschen, Ringen, Käm-
men u. s. w. kleine Kärtchen beizulegen,
worauf der Name der Besitzerin verzeich-
net ist. Und so wissen wir, dass alle
Damen der grossen Welt heutzutage ihre
Kleinodien bei Lalique kaufen. Damit
stellen sie sich kein schlechtes Zeugnis
aus, denn Lalique's Schmucksachen sind
in der That äusserst geschmackvoll und
hübsch. Er lehnt sich dabei, wie uns
scheint, an ägyptische Vorbilder an, und
der allgemeine Charakter seiner Arbeiten
ist identisch mit dem der reizenden
Schmucksachen, die man in dem Grabe
einer ägyptischen Prinzessin gefunden hat
und die jetzt in dem Museum zu Gizeh
bei Kairo zu sehen sind. Diesen alten
Meistern hat Lalique ihren feinen Farben-
sinn abgelauscht, der sich zunächst in
der Verwendung des grünen oder blauen
Emails mit Gold bethätigt, und von ihnen
hat er auch so manche hübsche Linie ge-
lernt. Indessen hat er es doch verstanden,
diese uralte Kunst dadurch modern zu
machen, dass er dem Zuge unserer Zeit
folgend seine Motive gewöhnlich direkt
der Natur entnimmt,
wobei neben Blättern

und Blütchen die
weibliche Gestalt die
ihr in allen bildenden
Künsten eingeräumte

Hauptrolle spielt.
Wenn wiran den wirk-
lich sehr reizenden
und geschmackvollen
Arbeiten Lalique's et-
was aussetzen wollten, so wäre es, dass
auch er nicht genug auf die Brauchbar-
keit seiner Werke achtet. Ein Kamm z. B.,
der dazu bestimmt ist, in das Haar ge-
steckt zu werden, darf nicht ein Dutzend
hervorstehende Zacken und Spitzen haben,
mögen diese Zacken und Spitzen auch
Arme, Beine, Flügel oder Blumen sein
und noch so schön aussehen, — denn

Arbeiten der Modellierklasse der Kunst-

gewerbcschule in Elberfeld nach Skizzen

des Herrn Bildhauer Neitsch, Lehrer dieser Abteilung.

Kunstgewerbeblatt. N. F. X. H. 11.

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