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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 14.1903

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Plehn, Anna L.: Das Kunsthandwerk auf der Ausstellung in Düsseldorf 1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.4359#0045

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DAS KUNSTHANDWERK AUF DER AUSSTELLUNG IN DÜSSELDORF 1902

37

PROF. P. BEHRENS,
DARMSTADT

Also auch hier der Protest gegen
das Muster, welches in dem
ganzen Raum nur an der Intarsia
eines Schrankes und an dem
Teppich vorkommt.

In Bezug auf van de Velde
hiesse es nur Selbstverständliches
wiederholen, wenn ich länger
bei der Thatsache verweilen
wollte, dass in dem von ihm
geschaffenen Raum dem Orna-
ment ebenso bestimmte Gebiete
angewiesen sind. Er beschränkt
es auf Teppich, Möbelstoff und
Fensterverglasung. Das Holz
ist ebenso konsequent wie immer
nur auf die eindrucksvolle Linie
und auf die klar erkennbare
Konstruktion hin behandelt.
Diesmal handelt es sich um
eine Art Repräsentationsraum,
dessen Hauptwand von zwei grossen Divans ein-
genommen ist, zwischen und neben
denen sich Schaukästen einschieben mit
Proben aus den verschiedenen Arbeits-
gebieten des Künstlers. Auch die übrigen
Wandflächen sind in abwechslungsvoller
Art für den gleichen Zweck ausgenutzt.
Die Möbel in Natureiche wurden von
H. Stroucken gearbeitet, die Stoffe von
Gustav Kottmann, die Kunstverglasungen
von F. W. Holler, sämtlich in Krefeld.
Mit der Färbung des Holzes bestimmen
Blaugrau und zwei Nuancen Gelb die
koloristische Stimmung, die sich in den
Verglasungen zu leuchtender Kraft
steigert und in Grün und Violett über-
geht. Als neuester Zweig von van
de Velde's Betätigung steht das Stein-
zeug da, welches in der Fabrik in
Höhr-Grenzhausen hergestellt wurde.
Es sind Vasen und Bierkrüge. Überall
ist mehr die Ecke als die gerundete Form betont.
Die Ziergefässe, welche teilweise beträchtliche Höhe
haben, sind von kantigen Stäben gerüstartig eingefasst.
Die Trinkkrüge sind mit glatten Wandungen und
scharfabgeschnittenen Kanten hergestellt, zuweilen mit
einer Einziehung versehen, von welcher aus sich der
untere Gefässteil auf kürzeren Durchmesser zusammen-
zieht. Mit Zinndeckeln verschlossen bilden diese
Humpen das ideale Gerät für den Massenbedarf. Für
den Biergarten ist ihre absolute Schmucklosigseit un-
endlich viel geeigneter als jedes krause Ornament, das
der wünschenswerten Sauberkeit immer gewisse Ge-
fahren bereitet. Dem gleichen Zweck dient am besten
die helle Thonfarbe unter blanker Glasur. Auch das
herkömmliche Blau und Grau des Steinzeuges findet
sich unter diesen Gefässen. Für die Vasen vermehren
sich diese Färbungen um das Kupferrot und durch
grüne und gelbe Glasuren. Besondere Ansprüche an

HEINRICH VOOELER,

WORPSWEDE; AUSFÜHR

K. M. SEIFFERT & CO.,

DRESDEN-A.

koloristisches Raffinement werden hier nicht gemacht.
Neben den bekannten Metallarbeiten des Künstlers
sah man diesmal auch Thürgriffe in Bronze, die von
Walter Elkan in Berlin, dem Japanerschüler, gearbeitet
wurden. Wie alle Formen dieses Saales und über-
haupt alles, was van de Velde ersinnt, sind auch diese
Geräte in ihren Verhältnissen wuchtig und schwer.
Das moderne Haus beginnt sich mit kleinen leicht-
beweglichen Thüren zu füllen. Die Repräsentations-
portale fangen an uns lächerlich zu erscheinen und
zu der kleinen Thür kann auch ein Griff von ge-
ringeren Dimensionen wie die vorliegenden verwendet
werden. Ist nicht auch dies unzweckmässige Material-
verschwendung?

Die Keramik für Architekturzwecke hatte sich in
Düsseldorf in dem Gartengebiet der Ausstellung mit
ihren Erzeugnissen hingestellt. Die Firmen Wessel
aus Bonn, die Düsseldorfer Thon- und Ziegelwerke
und Villeroy & Boch (Dresden und Mettlach) haben
jede einen kleinen Pavillon aus ihrem Material auf-
gebaut. Wenn sie dabei nur nicht so nach dem
Prinzip der Musterkarte verfahren wären! Alles sollte
vermauert werden, was das Haus nur
irgend führt. Am zurückhaltendsten
war die erste, am freigebigsten die letzt-
genannte Firma mit ihren Vorräten.

Auch ein Gang durch die Industrie-
halle war für den, der das Kunsthand-
werk studieren wollte, nicht uninter-
essant. Zwar fand sich dort meist das,
was von Kunst noch kaum berührt ist.
Aber doch bemerkt man hier und da
das Eindringen mehr ästhetischer Ten-
denzen. Wie hat in den letzten Jahren
die Farbenindustrie viele Rohstoffe
schöner gestaltet, als sie vor kurzem
waren. Auch die wohlfeilen Gewebe
empfehlen sich häufig durch angenehme
Farbenabtönungen. Da hat die Arbeit
der Maler schon ein gutes Teil Er-
ziehung zu koloristischem Geschmack
geleistet. Auch im Tischlerhandwerk
setzt hier und da
ein Befolgen gewis-
ser Grundsätze der
modernen Bewe-
gung ein. Freilich
stehen dann gleich
daneben wieder die
Zeugnisse für kras-
ses Missverständnis.
Und doch dringt
allmählich ein Ge-
schmack für die Ein-
fachheit siegreich in
Gebiete vor, auf
welchen jüngst noch
eine wahre Dekora-
tionswut herrschte.
A. L. PLEHN.

PROF.
P. BEHRENS,

DARMSTADT
 
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