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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 14.1903

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Meyer, Alfred G.: Die Jubiläums-Ausstellung des Vereins für deutsches Kunstgewerbe in Berlin, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4359#0081

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DIE JUBILÄUMSAUSSTELLUNG DES VEREINS EUR DEUTSCHES KUNSTGEWERBE 73

ZIMMER, ENTWORFEN VON ARCHITEKT ALTHERR,
AUSGEFÜHRT VON W. DITTMAR, MÖBELFABRIK, BERLIN

zu nehmen weiss. Er selbst aber ist ernster zu nehmen.
Er geht auf den Totaleindruck aus. Man hat die Em-
pfindung, dass dieser Most sich jetzt abklärt und
aus einer guten Rebe stammt. —

Biberfeld giebt seinen Möbeln weder historische,
noch architektonische Formen. Er will auch in den
Mitteln seiner Wirkung ganz originell sein, entnimmt
sie zuweilen selbst der zufälligen Führung des Stemm-
eisens und des Hobels. Und er deutet dabei vieles
nur skizzenhaft an.

Das Gegenbild hierzu bieten die Ausstellungskojen
von Zimbel und Friedrichsen.

Kimbel vertritt in der Berliner Kunsttischlerei das
Preziösentum - aber im besten, dem Stammwort

Kunstgewerbeblatt. N. F. XIV. H. 4.

entsprechenden Sinne. Er
ist ein leidenschaftlicher
Sammler. In den Schränken
seines Ateliers ist Kunst-
arbeit aller Länder und Zei-
ten gehäuft: Seidenstoffe,
Brokate, Sammete, Sticke-
reien, Schnitzwerk, Mar-
queterie, Elfenbeintafeln,
Bronzen — oft nur winzige
Fragmente, aber stets Stücke,
die technisch ausgezeichnet
und künstlerisch apart sind.
Und dieser Schatz wird für
Kimbel lebendiger Besitz,
an dem er lernt, von dem
er sich anregen lässt, und
— den er bei seinen eige-
nen Arbeiten unmittelbar
benutzt. Am meisten haben
es ihm die Japaner ange-
than, und seine Spezialität
sind Möbel mit eingefüg-
ten japanischen Lackplatten,
Elfenbeinmosaiken, durch-
brochen geschnitzten Rän-
dern und mit bronzenen
Stichblättern. Kimbel's Fin-
digkeit bei der Anwendung
dieser Detailstücke ist er-
staunlich. Neben dem Ein-
gangsbogen seines Ausstel-
lungsraumes fügt er japa-
nische bronzene Stichblätter
rosettenartig in Ranken aus
gedrehtem Draht ein, so
dass ein luftiges Gitterwerk
entsteht. - Oft hat man
bei Kimbel's Arbeiten das
Gefühl, das ganze Gebilde
sei lediglich auf diese pre-
ziösen Detailwerte hin kom-
poniert, etwa wie der Gold-
schmied für eine beson-
ders eigenartige Perle ein
ganzes Geschmeide erfin-
det. Bei kleineren Stücken,
die nur Augenreiz bieten wollen, wie bei den köst-
lichen Kästchen, Kissen und Ridicules in der Vitrine
des Vorraumes, ist dieses Vorgehen stets angebracht;
in der Möbelkunst, die praktischen Zwecken dienen
muss, wird es gefährlich. Aber auch da führen
Geschmack und Treffsicherheit über die Klippen hin-
weg. Es ist gut, dass Kimbel, der sein Arbeits-
gebiet auf die Gesamtdekoration von Innenräumen
und auf die meisten Zweige des Kunstgewerbes aus-
dehnt, von der Möbelkunst ausging und in Friedrichsen
einen vortrefflichen Holztechniker zur Seite hat. Was
aus dieser Schulung und Vereinigung entsteht, zeigt
die Kaminnische des Kimbel'schen Ausstellungsraumes.
Schon koloristisch ist der Gegensatz zwischen dem war-
 
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