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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 14.1903

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Friedmann, Ernst: Schaufensterkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4359#0175

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BUCHSCHMUCK VON ARCHITEKT

D

kIE Forderung un-
serer Ästhetiker, dass
die Kunst immer
mehr und mehr unser
Leben durchdringe und
nicht mehr ausserhalb des-
selben stehe, sondern mit-
ten im Leben selbst, hat zur
Folge, dass wir unserem ge-
samten Gewerbe allmählich
den Stempel der Kunst
aufdrücken. Unsere Woh-
nung, unsere Kleidung, jedes Gerät wird durch eine
künstlerische Ausstattung über die rein praktische
Nutzbarkeit hinausgehoben. Es giebt kaum eine
Branche, die nicht schon von den veredelnden Fang-
armen der Kunst angezogen worden wäre und unsere
gesamte Industrie ist auf dem Wege, die alten Bahnen
zu verlassen, um den neuen Forderungen zu folgen.
Es soll keine Grenze mehr gezogen werden, vor der
die Kunst Halt macht, und so wird auch der, der
vordem wenig damit zu thun hatte, nach und nach
mit in den Interessenkreis hineingezogen.

Mit diesen Zeilen will ich auf ein Gebiet hin-
weisen, das zugleich den Kaufmann wie den Künstler
angeht. Es ist die Kunst der Schaufensterdekoration.
Hier scheint mir ein neues Feld der künstlerischen
Bethätigung zu liegen, das reiche Früchte tragen kann,
wenn es richtig behandelt wird. Noch sind die
Firmen zu zählen, die durch ein schön dekoriertes
Schaufenster auffallen, während uns Geschmacklosig-
keiten auf Schritt und Tritt in die Augen fallen und
uns ein Bild von dem verhältnismässig niedrigen
Stande dieses Kunstzweiges geben. Und doch liegt
der rein praktische Nutzen eines mit feinem Ge-
schmack dekorierten Fensters für den Ladenbesitzer
ganz klar auf der Hand. Die Schaufenster sind für
das Strassenbild mehr ausschlaggebend als die Häuser-
architektur, und das Publikum, ganz besonders der
Fremde, wählt vornehmlich die Strassenzüge zum
Spaziergange, in denen hübsch arrangierte Auslagen
ihm Interessantes und Sehenswertes bieten. Dadurch
wird der Passant angelockt und seine Kauflust gereizt,

Kunstgewerbeblatt. N. F. XIV. H. 9.

M. A. NICOLAI IN DRESDEN

und darin liegt für den Kaufmann der praktische
Wert. *'. .-

Schaufensterkunst ist gleich der Plakatkunst eine
Kunst der Strasse. Die Ladenauslagen bilden in ihrem
ständigen Wechsel einen öffentlichen Lehrkursus.
Streben wir also, dass dies ein Kursus für den guten
Geschmack ist, dann ist für unser Kunstgewerbe viel
dabei gewonnen. Als oberstes Gesetz müssen wir
fordern, dass hier dieselben Prinzipien massgebend
werden, die in der gesamten modernen Geschmacks-
richtung der angewandten Kunst als erstes Prinzip
gelten. — Das ist die Herleitung des »Schönen« aus
dem »Praktischen«. Wie wir einen Gebrauchsgegen-
stand, der durch künstlerische Ausstattung veredelt
ist, nur dann wirklich schön finden können, wenn
seine rein praktische Gebrauchsfähigkeit nicht durch
die künstlerischen Zuthaten beeinträchtigt ist, ihn
sogar um so mehr schätzen, je verständnisvoller der
Künstler es vermocht hat, den Schmuck aus dem
Zweck heraus zu entwickeln, so kann ein Schaufenster
nur dann künstlerisch dekoriert genannt werden, wenn
es auch zugleich zweckmässig dekoriert ist. Die
Dekoration ist nur dann wirklich gut, wenn sie erstens
künstlerisch gehalten ist, und zweitens, wenn sie die
ausgestellten Waren so zur Geltung bringt, wie es
den kaufmännischen Interessen entspricht. Jede Ware
muss ihrer Eigenart entsprechend behandelt werden,
sie muss ihre Eigentümlichkeit zeigen und so arrangiert
werden, dass ihre Vorzüge herausgehoben werden.
Niemals sollen die Dinge eine andere Rolle spielen,
als sie ihnen ihre Natur zuweist.

Damit sind all die Dekorationen gerichtet, die
heute beim Publikum noch am meisten Beifall und
Beachtung finden.
Da werden orna-
mentale, ihrem
Stoff durchaus

widerstrebende
Bildungen geschaf-
fen, wie Sterne
und Sonnen aus
Messern, Löffeln
und Gabeln, Py-

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