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Sehen Sie sich längere Zeit Rembrandts Hand-
zeichnungen oder Radierungen an, oder sehen
Sie Dürer und Holbein eindringlich und Sie
werden im Stande sein, die Welt mit dem Auge
dieser Künstler zu sehen; Sie werden das Wunder
erleben, daß die Menschen, die Ihnen begegnen,
wandelnde Rembrandts oder Dürer usw. sind.
Diese großen, grundverschiedenen Maler stecken
wahrhaftig in der Natur und auch die anderen
großen Maler und Bildhauer. Je bedeutender
sie sind, desto stärker prägt sich ihre Charakteristik
aus. Phydias — van Eyck, welch große Gegen-
sätze! Und doch, beide haben das Gleiche —
pulsierendes Leben — geschaffen! Der eine im
höchsten Schönheitsdrange, der andere im Sehnen
nach Herbheit, beide Kinder des Daseins, Kinder
ihrer Zeit, Kinder ihrer Volksstämme. Sie haben
ein hohes Lied ihrer Zeit, ihres Volkes, gesungen.

Unendliche Tiefen bürgt die germanische Kunst,
Van Eyck, Grünewald, Dürer, Baidung Grien,
Pieter Breughel, van der Goes, Lukas Kranach,
Holbein und Rembrandt; Rembrandt, mit dem
der Lichtgedanke in der Malerei geboren wurde.
Form und Farbe und Wesen der Dinge in Licht-
geheimnis getaucht, das ist Rembrandts Seele.

Ich gehe soweit, zu behaupten, daß die be-
deutende zeitgenössische Kunst auf den Schultern
Rembrandts ruht, ohne ihn wären Courbet, Millet,
Manet, van Gogh, Leibi, Schuch nicht zu denken.
Sämtliche Völker haben in der bildenden Kunst
Anleihen beim germanischen Geiste gemacht.
Dieses muß man der heutigen deutschen Jugend
zurufen, aber noch ein anderes: Rembrandts
Leben war ein Aufstieg bis zum Grabe. Die
heilige Familie in der Pinakothek zu München,
der Federschneider in der Casseler Galerie, die
Tuchmachergilde in Amsterdam und das Familien-
porträt im Braunschweiger Museum, welch un-
glaubliche Entwicklung, eine Entwicklung von

Deutschland auf der Weltausstellung In
San Francisco.

Wie man weiß, hat die deutsche Regierung in
der Frage der Beteiligung Deutschlands an der
Weltausstellung in San Francisco eine ablehnende
Haltung eingenommen undt sie damit motiviert,
daß in der deutschen Industrie kein Interesse an
der Beschickung der Panama-Ausstellung vor-
handen sei. Die „Ständige Ausstellungskommission"
hatte dies auch durch eine Umfrage festgestellt.
Die jetzt in Leipzig abgehaltene Generalver-
sammlung des Bundes der Industriellen hat nun
aber, nachdem auch Generaldirektor Ballin von
der Hamburg-Amerika-Linie zu Gunsten einer
Beteiligung einen Aufruf erlassen hatte, aufs

der größten Einfachheit bis zur unendlichen Frei-
heit!

-- Sehen wir uns einmal die Verworrenheit der
heutigen Zeit an. Fast möchte man sagen, die
Kunst soll zur Theorie gemacht werden. Jedes
Jahr werden neue Meister entdeckt und von un-
verantwortlichen Kunstschriftstellern in den Him-
mel gehoben. Gruppen Talentierter hängen sich
an diese Neuen. Aus solchen Anschauungen
wird nie ein Michelangelo, nie ein Rembrandt ge-
boren! Die Jugend läßt sich blenden; das Schlag-
wort Temperament ist ihr das Wichtigste in der
bildenden Kunst und es wird dabei übersehen,
daß unendlich viel mehr Temperament dazu ge-
hört, ein Kunstwerk bis in die äußersten Kon-
sequenzen durchzusetzen, als eine bestechende
Skizze zu machen! Es wird übersehen, daß die
Technik in der bildenden Kunst von außerordent-
lich hoher Bedeutung ist, daß der Besitz der-
selben erst die Möglichkeit zuläßt, ein wirkliches
Kunstwerk zu schaffen.

Nur durch eisernen Fleiß können auch in der
bildenden Kunst Höhen erreicht werden. Die
Jugend möge sich ein Porträt von Leibi oder
auch einen Holbein oder Rembrandt ansehen und
ein ganz klein wenig darüber nachdenken!

Das Ehrenmitglied unserer Akademie, Professor
Max Liebermann schreibt mir am 19. im 12. 1910
in Sorge „wie es um jungen Nachwuchs bestellt
ist": s£

„An die Stelle fleißigen und emsigen Studiums
ist die Nachahmung eines Cezanne oder van
Gogh getreten, ohne daß die Nachahmer merken,
daß man deren Genie nicht nachahmen kann,
sondern höchstens deren Fehler. —

Es ist unklar, wie dem Übel zu steuern sei
und ich sehe nur eins: in der Schule. Und ich
denke an die schöne Zeit, als ich vor 40 Jahren
in Weimar war."

deutlichste gezeigt, ein wie großes Interesse
weite Kreise der deutschen Industrie an einer
Beschickung der Panama - Ausstellung nehmen!
Wie Direktor Huldermann in Leipzig mitteilte,
hat sich die Umfrage nur an Firmen gewandt,
deren verneinende Antwort von vornherein fest-
stehen mußte. Jedenfalls hat diese Tagung er-
geben, daß das Interesse gewisser Zweige der
deutschen Industrie groß genug ist, um eine
Beteiligung Deutschlands an der Panama-Aus-
stellung bereits als gesichert erscheinen zu
lassen.

Es muß nun versucht werden, die verschiedenen
Interessengebiete so zusammenzufassen, daß keine
Zersplitterung des Gesamtwesens dieser deutschen
Ausstellung in San Francisco eintreten kann.
 
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