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Diese Nummer der Kunstnachrichten ist 4 Seiten stark.

KUNSTNACHRICHTEN

BEIBLATT DER KUNSTWELT

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III. JAHRG. No. 12_15. März 1914

Die Kunstnachrichten sind ständiges Nachrichtenorgan für folgende KUNST- UND KUNSTGEWERBE-VEREINE Deutschlands, Oesterreichs, der Schweiz
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Redaktion und Expedition:
BERLIN W 62 => Maaßenstraße 30.
Anzeigen-Verwaltung: Kunstwelt-
Verlagsgesellschaft m. b. H., Berlin W62.

Die Entdeckung des Genies"*)

Also ist es doch wahr! Und er hat nicht ge-
ilunkert, und das Unzulängliche wurde Ereignis.
Dank den fleißigen Bemühungen der Schar, die da
auszog, hat man den Propheten gefunden. Er wird
wohl nicht lange leben, aber man findet dann schon
wieder einen neuen. Jetzt heißt das Feldgeschrei:
Allessandro Magnasco.

Ich habe den Namen schon im vergangenen Jahr
allzu oft hören müssen und das Ereignis als
Kundiger prophezeit. Im vorigen Herbst nämlich
bummelten wir zwei Wochen lang in Venedig
herum. Das Werter war unbeständig, und an einem
regnerischen Nachmittag sind wir vom Vaporetto
schon vor dem Rialto abgestiegen, um uns mit der
Fähre zu einem Hause übersetzen zu lassen, dessen
große Schilder: ,,Gallerie delle belle arte" uns auf
jeder Fahrt schon unruhig gemacht hatten. Viel-
leicht entdeckte man doch irgend etwas Interessantes,
und dann ist es ja immer reizvoll, in einem alten
Flause am Canale Grande herumzuspazieren. Am
Steinquai schon kam uns der würdevolle Venezianer
und Galeriebesitzer entgegen und forderte uns
freundlichst zur Besichtigung auf; sicher hatte er
sich den Nachmittag, bei dem gänzlichen Mangel
an Fremden um diese Zeit, sträflich gelangweilt.
Ich habe keine Ahnung mehr, was ich alles gesehen
habe; jedenfalls besitzt er, wenn es mit rechten
Dingen zuging, gewaltige Schätze, denn Tizian,
Rubens, van Dyk, Palma und andere waren ver-
treten ... Aber etwas ganz Köstliches stand uns noch
bevor, denn er führte uns mit geheimnisvollen Reden
zum Oberstock. Da waren sehr viele und ganz
gleichartig aussehende, ganz dunkle Bilder auf-
gestellt; große Formate; auf den ersten Blick inter-

*) Dieser Aufsatz bildet eine bemerkenswerte Ergänzung zu
dem im Heft 12 der „Kunslwelt" gleichzeitig veröffentlichten
Artikel „Dieneue Richtung" von Ot(o Pietsch - Heidelberg.

esselos, ohne das gewisse Etwas, was magnetisch
an ein Bild heranzieht. Es waren solche Bilder, an
denen man in Galerien vorbeiläuft, auch ohne müde
zu sein.

Und nun kam ein Vortrag von einer halben
Stunde, in der uns klar gemacht wurde, daß das
Bilder seien, die in kurzer Zeit die ganze gebildete
Welt in Atem halten und höchste Preise erklimmen
würden; der Maler sei Alessandro Magnasco.

Er selbst sei der wahre Entdecker dieses Malers,
er und sein Sohn befaßten sich nun mit der Herbei-
schaffung und Restaurierung dieser Bilder, und was

weiß ich —

Ich erinnere mich noch, daß ich ihn fragte, ob
er selbst diesen Maler hoch einschätzte; ach, da
war er ganz überwältigt und wollte keinen anderen
mit ihm verglichen wissen! Und wir hörten, daß
eine Kommission des Auslandes, darunter
d'Annunzio und Franz Nager aus München und
andere, die ich hier nicht nennen möchte, mit ihm
zusammen beschlossen hätten, diesen Meister jetzt
der Welt zu präsentieren.

Und er ist präsentiert worden. Erst kam hie
und da ein ballon d'essay und jetzt die Gesamtaus-
stellung, mit allem, was dazu gehört; die Preise
steigen; bald wird in London auf irgend einer
Auktion ein Magnasco um irgend eine Riesensumme
verkauft, dann hat er seinen Preis, und mein guter
Venezianer hat auch seine Preise, von denen er so
geschwärmt hat.

Als wir nachträglich die Zimmer durchschritten,
bin ich neugierig in ein kleines Nebenzimmerchen
gegangen; da saß ein junger Mann über ein altes
großes Bild gebeugt und arbeitete mit Lupe und
feinen Pinseln.
 
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