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KUNSTNACHRICHTEN

BEIBLATT DER KUNSTWELT

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III. JAHRG. No. 13_1. April 1914

Die Kunstnachrichten sind ständiges Nachrichtenorgan für folgende KUNST- UND KUNSTGEWERBE-VEREINE Deutschlands, Oesterreichs, der Schweiz
und Rußlands: Aachen, Alienstein, Altenburg, Altona, Augsburg, Baden-Baden, Bayreuth, Bernburg, Biel, Bielefeld, Braunschweig,
Bremen, Breslau, Bromberg, Brünn, Chemnitz, Chur, Danzig, Darmstadt, Dessau, Dresden, Düsseldorf, Eisenach, Elberfeld, Elbing,
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Varel, Wiesbaden, Winterthur, Wür/.burg, Zürich, Zwickau.

Redaktion und Expedition:
BERLIN W 62 □ Maaßenstraße 30.
Anzeigen-Verwaltung: Kunstwelt-
Verlagsgesellschaft m. b. H , Berlin W62.

Vom behagli

Ueber Aesthetik in der Architektur und im
Kunstgewerbe ist schon so viel gesagt und ge-
schrieben worden, daß es fast langweilig erscheinen
könnte, nochmals darauf einzugehen. Durch oft-
maliges Wiederholen wurden Schlagwörter geprägt,
mit denen fast jeder Laie herumjongliert, die aller-
dings aber in der Hauptsache unverstanden nach-
gebetet werden.

„Zurück zur Natur!'1 „Einfachheit der Form!"
„Zweckmäßigkeit der Konstruktion!" „Material-
echtheit!" „Qualitätsarbeit!" usw. Diese
modernen Schlagworte hört man täglich überall
hinausposaunen, aber die Wege, die zur Erfüllung
dieser problematischen Forderungen führen, sind
zumeist noch ungeebnet. Es sind zur Förderung
dieser Bestrebungen viele Vorbedingungen aller Art
gegeben, die aber vorerst noch ihrer Erledigung
harren. Zwar muß mit Freuden hervorgehoben
werden, daß einzelne Künstler und Künstlergruppen
ganz bewußte Arbeit leisten, aber auch sie alle sind
ebenso wie die neuen Bauberatungsstellen, die
speziell dem Baugewerbe helfen wollen, noch leb-
haften Anfeindungen oder doch mindestens Wider-
ständen ausgesetzt. Erlassene Preisausschreiben
und gezahlte Prämien für vorbildliche Neu-
schöpfungen der Fassaden und ihrer Aus-
schmückung, wie solche in Frankfurt a. O., Wien,
Barmen, Braunschweig und anderen Orten bereit-
gestellt werden, mögen zu guten Einzelleistungen
aneifern, aber in der Gesamtheit fehlt doch noch
viel. Der heutige Deutsche, auch der gebildete, ist
auf der Schule und auf der Universität so in rein
abstrakter, zum größten Teile philologischer
Denkungsweise erzogen, daß er blind in jeder
praktischen Frage ist. Er vermag deshalb
an gewerblichen Gegenständen nicht einmal zu er-
sehen, ob sie anständig oder schundmäßig gemacht
sind.

hen Wohnen.

Nachdem auf der Pariser Weltausstellung unsere
deutschen Leistungen das Prädikat „billig und
schlecht" erhalten hatten, nachdem das Ornament
entwertet und durch die fabrikmäßige Herstellung
geradezu unerträglich geworden war, setzte zwar
eine starke Reaktion ein, aber sie schoß voll Ueber-
mut weit über das Ziel hinaus, und es mögen sich
diejenigen freuen, die in ihrer ruhigen Fahrt auf
geradem Wege vorwärts gestrebt haben. „Wir sind
nicht mehr imstande, ein vernünftiges Ornament zu
schaffen," behauptete kürzlich noch ein bedeutender
Künstler, und wir müssen ihm recht geben, wenn
wir daraufhin die verfehlte Plastik unserer Bauten
anschauen. Die figürliche Plastik hat sich geradezu
zu einem chronischen Katarrh ausgebildet, immer
und überall Amoretten und nichtssagendes Getier,
oft noch in schauerlicher Durchbildung. Nackte
Weiber und undefinierbare Gestalten, die Allegorien
vorstellen sollen, werden immer noch in die Fläche
der Fassaden der billigen Miets- und Geschäfts-
häuser hineinkomponiert, so daß der kritische Be-
schauer sich schleunigst von hinnen wenden muß,
weil dies Ewig - Gleichmäßige und Gleichwertige
ihn der Verzweiflung nahebringen muß.

Mit der künstlerisch zweckmäßigen Aus-
gestaltung der Innenräu m e ist es — immer
im großen Ganzen betrachtet —nicht viel besser,
und das ist um so bedauerlicher, weil uns Deutschen
ein besonderes Gemüt für wohnliche
Räume eigen ist. Selbst unsere modernen Erzeug-
nisse geben noch lange nicht das, was frühere Kunst-
epochen ihren Zeiten aufzuprägen verstanden. (Es
ist gut, daß das einmal klipp und klar ausgesprochen
wird! Wir und gewiß viele mit uns stimmen dem
Verfasser völlig hierin zu. Die Schriftleitung.)
Unseren Einrichtungen fehlt noch immer das um-
schließende Band der Behaglichkeit, sie sind zu
offiziell, zu ernst und nichtssagend. Recht treffend
 
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