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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0145

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Das Schwabenkorps.

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kosteten wenig. Die besseren baierischen Biere waren sreilich teuer,
aber sie wurden nur ausnahmsweise getrunken und fingen überhanpt
erst an, in einzelnen Restaurationen ausgeschenkt zu werden; der
Transport aus den Bezugsorten München, Erlangen und Kulmbach
war bei den wenigen fertigen Eisenbahnen noch allzu schwierig und
kostspielig. Wein wurde nur bei Ausflügen und beim Stiftungsfest
getrunken. Stutzerhaste Kleidung wurde verhöhnt. Der Haarkräusler
verdiente bei den Mnsensöhnen noch wenig, nur ausnahmsweise,
an Ballabenden, machte er bessere Geschäfte; der Student ordnete
sein Haar mit eigener Hand und viele trugen es lang. Man hatte
noch keine besonderen Kneipröcke und saß am liebsten, wenn es die
Wärme im Sommer oder der Ofen im Winter zuließ, zwanglos in
Hemdärmeln, viele mit dem bunten Cerevismützchen auf dem Haupt,
die Korpsburschen mit dem Band um die Brnst. Die Mitkneipanten
mußten sich mit der einfachen schwarzen Mütze begnügen, die Renoncen
oder Korpsfüchse hatten das Anrecht auf die Farben schwarz und gelb
an Mütze und Pfeifenqnasten, nur der Korpsbursch war berechtigt,
in stolzer Würde das Band mit den drei Farben schwarz gelb weiß
zn tragen. Die hente bevorzugte gelbe Mütze kam erst in den letzten
Jahren meiner Studienzeit auf. — Um eilf Uhr trat der Pedell,
Pudel genannt, in die Kneipe und gebot Feierabend. Er nahm keine
Notiz von den farbigen Abzeichen, denn die Korps waren, obwohl
verboten, von den Behörden geduldet; auch ber öffentlichen Aufzügen
prangten die Korps in ihren Farben.

So wagte ich es denn, noch vor Abschluß des Jahres 1840
um Aufnahme in die Verbindung einzukommen. Senior war der nach-
malige badische Minister Rudolf von Freydorf, er nahm mich unter
die Renoncen des Korps auf, und man erwartete, daß ich als braves
Schwabenfüchsle möglichst bald die Mensurprobe ablegen werde. Jch
übte mich fleißig auf dem Fechtboden, dessen Besuch Füchsen und
Burschen zur heiligen Pflicht gemacht war. Jn kurzer Zeit war ich
mit der Führung des Schlägers hinreichend vertraut, lernte auch etwas
Säbel schlagen. Nachdem ich meine Tapferkeit an den Tag gelegt,
wurde ich im Sommer 184 l unter die Burschen ausgenommen. Jetzt
gehörte ich zu der studentischen Ritterschaft, worin Prinzen und Barone,
 
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