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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0173

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Die Opposition.

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Jm Winter 1842/43 erzählte mir ein Schulkamerad, der mit
mir Medizin stndierte, daß er sich einer angenehmen Gesellschaft an-
geschlossen habe, die sich unter dem Namen Lumpia in der Brauerei
zum Schiff zusammenfinde. Jhr geistiges Haupt sei ein stnä. snn.
Hermann Becker aus Elberfeld, dessen Witz und geselliges Talent er
nicht genng rühmen konnte. Daß Becker wirklich schlagenden Witz
besaß, erfuhren die Korps bald aus verschiedenen Zeitungsartikeln,
worin er ihre Suprematie entschieden zurnckwies und sich mit großem
Humor über ihr Treiben lnstig machte. Anfangs las ich die Artikel
mit einigem Aerger, aber bei ruhiger Ueberlegung mußte ich ge-
stehen, daß ich selbsi schon ühnliche Gedanken gehegt, und zugeben,
daß der rote Becker, wie man ihn nannte, recht habe. Er wurde
spater Sprecher der Bonner Bnrschenschaft, beteiligte sich an der Be-
wegung von 1848/49 und hat sich nachher als Bürgermeister der
Stadt Koln und Mitglied des preußischen Herrenhauses weithin be-
kannt gemacht. — Ans der Lumpia ist nach einiger Zeit eine burschen-
schastliche Verbindung Rnperta geworden.

Ungefähr gleichzeitig mit der Rnperta bildete sich eine zwang-
lose Gesellschaft ans Wilden und früheren Burschenschaftern, die meist
von Jena gekommen waren, unter dem Namen Walhalla. Sie war
zahlreich und es gehörten ihr viele tüchtige junge Männer an, einige
zeichneten sich später im deutschen Reichstag aus. Jch nenne Ludwig
Bamberger, Wilhelm Genast, Meyer von Thorn, Versmann, den
Bürgermeister von Hamburg, Professor Aegidi in Berlin und Karl
Esmarch, den verstorbenen Prager Rechtslehrer. Auch einige badische
Landslente waren ihr beigetreten, die man nicht ungleichartiger
hätte aussuchen können. Neben dem strengglüubigen, von tiefster
Frömmigkeit beseelten und strengmonarchischen Theologen Specht, der
1888 als lutherischer Psarrer iu Jspriugen bei Pforzheim starb, ge-
hörten ihr drei junge Republikaner an: Karl Daenzer, der in Amerika
als geachteter Publizist eine neue Heimat fand, Florian Moerdes,
ein dünkelhafter jnnger Mensch, der 1849 im Handumdrehen vom
Rechtspraktikanten zum Mmister des Jnnern aufstieg, endlich der zer-
fahrene Karl Steinmetz aus Durlach, der „Gispel," wie ihu seine
Schulkameraden nannten. Steinmetz wurde 1849 von dem Durlacher
 
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