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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0292

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272

Die badische Staatsprüfung.

jungen Mann so lange an dem heftigen Gifte mit der Zunge prüfen,
daß die Kommission in Anfregung geriet und endlich einer der Herrn
dem gefährdeten Kandidaten zurief: „Hören Sie doch auf, zu lecken,
es ist ja Cyanquecksilber!" — Erfreut rief diefer nun Kölreuter zu:
„Es ist Cyanquecksilber!", womit der Examinator sich befriedigt erklärte.

Auffallend unwisfend war der Kommiffär der anatomischen Fächer,
obwohl er noch in jungen Jahren stand. Am fchlimmsten fah es aus
mit seinen mikroskopischen Kenntnisfen. Er hatte uns unter andern
fchriftlichen Aufgaben auch die erteilt, die topographische und patho-
logische Anatomie der Achfelhöhle zu behandeln. Jch ließ mein
schwaches mikrofkopisches Licht leuchten und befchrieb bei Erwähnung
der Neubildungen die gefchwänzten und ungeschwänzten Krebszellen, über
die damals viel verhandelt wurde, zeichnete sie auch stark vergrößert
auf das Papier. Bald hernach hielt er mich auf der Straße an,
lobte meinen Auffatz und erzählte mir: „Auch ich habe kürzlich mit
den Zellen, die Sie befchrieben, Bekanntfchaft gemacht. Jch schnitt
gefchwollene Drüsen aus der Achselhöhle einer Frau und fah Krebs-
zellen darin fo groß wie Hafelnüsfe."
 
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