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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0377

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Umschau in Wien.

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schwerte die Taschen. Es gab Kupfersechser im Werte von 6 Krenzern
Münz, größer als die silbernen Maria-Theresia-Thaler, die in Baden
als Laub- oder Kronenthaler umliefen und 2 sl. 42 Kr. rheinisch galten.
Neben diesen großen Thalern liefen bei uns kleine österreichische Silber-
thaler zu 1 fl. 20 Kr. um, auch vereinzelt noch Viertelthaler, genannt
„Silberkäsperle", endlich in großer Menge die österreichischen Silber-
zwanziger und Silberzehner, die 24 und 12 Kr. rheinisch galten und
Sechsbützner nnd Dreibätzner hießen. Man rechnete im Kopfe noch
immer mit Batzen, obwohl es längst keine mehr gab; der Batzen
bedeutete 4 Kreuzer rheinisch, etwa 11 Pfennige der heutigen deut-
schen Markwährung. Während alle österreichischen Silbermünzen bei
uns Geltung hatten, wurde das österreichische Kupfergeld nicht an-
genommen.

Ganz neu waren für mich die Trinkgelder, die man in Wien
den Zahlkellnern entrichtete, etwa 2 Kreuzer Münz nach Tische; diese
Unsitte bestand am Rheine noch nicht.

Wir trafen noch eben rechtzeitig in Wien ein, um vor dem Schlusfe
der italienischen Oper Rossinis Barbier von Sevilla zu hören. Jm Winter
bescherte die deutsche Oper zwei Neuheiten, Flotows Martha nnd
Meyerbeers Hugenotten. Es charakterisiert die damaligen Znstände
in Oesterreich, daß Titel und Text der Meyerbeerschen Oper bei Hof
und Geistlichkeit Anstoß erregten und in „Welsen und Ghibellinen"
umgewandelt werden mußten. Eine der bedeutendsten Sängerinnen
an der deutschen Oper war die aus Baden-Baden gebürtige k. k. Kam-
mersängerin Anna Zerr, begabt mit einer prächtigen, umfangreichen
Stimme; die Martha war eigens für sie komponiert.*) Sie verscherzte
1851 Titel und Stelle, weil sie so unvorsichtig gewesen war, bei einer
Gastreise in London, auf Bitten der Herzogin von Kent, der Mntter der
Königin, im Salon des Lord Stuart znm Besten der ungarischen Flücht-
linge initzuwirken.

Das Schauspiel im Burgtheater galt für das erste in Deutfch-
land, nirgends wurden klafsische Stücke besser aufgeführt. Auch dieses
Theater zierten zwei Landsmänninnen aus Baden, die geistvolle Amalie

ch Bad. Biographien, Bd. 2, S. 537 u. f.
 
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