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Kussmaul, Adolf
Jugenderinnerungen eines alten Arztes — Stuttgart, 1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.15258#0461

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Weitere Erlebniffe in Rastatt.

E)enschen der verschiedensten Art, von feinster Bildung und
gröbster Roheit, Jdealisten und gemeine Lnmpen, Biedermänner und
Halunken hatte das Jahr 1849 in den Kasematten Rastatts zusammen-
geführt. Die meisten beklagten und verwünschten ihr Schicksal, einige
nahmen es mit Leichtsinn oder stumpfer Ergebung hin. Einen merk-
würdigen Gegensatz boten zwei Bauernknechte.

Der eine war ein starkgebauter Mensch aus der Rheinpfalz, den
seine aufständischen Landsleute gezwuugen hatten, mit ins Feld zu ziehen,
er war nach Rastatt geraten und wnßte nicht wie. Als ich eines Tags
in die Kasematten des Forts gerufen wurde, fand ich den Unglück-
lichen auf Stroh an der Wand liegend, in voller Verzweiflung; er
fluchte der Revolntion und den Freischärlern, die ihn zeitlebens ins
Elend gebracht hätten. Der arme Kerl war auf dem feuchten Boden
der Kafematten lahm an den Beinen gewordeu; seine Mitgefanguen
mieden ihn fcheu. — Der andre Bursche, aus der Gegend von Buchen
im badischen Bauland, ein schwächlicher, blasser Mensch, sah ans wie
ein Knabe, obwohl er mindestens 18 Jahre zählte; er war mit der
Volkswehr nach Rastatt gekommen. Seit einigen Tagen befand er
sich wegeu Unwohlseins im Lazarett, doch war er bereits wieder her-
gestellt, als eines Morgens die Ordonnanz aus der Stadt mit der
Liste der Leute kam, die aus der Gefangenschaft entlasfen wurden und
frei heimkehren durften. Darunter befand auch er sich. Jch ließ ihn
zu mir ius Ordinationszimmer holen und verkündete ihm fein Glück,
aber, statt in Jubel auszubrechen, wie die meisteu Entlasfenen, fah
 
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