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hat und anderen mitteilt, ist so, wie er es sagt, auch gemeint. Man
soll nichts anderes darunter verstehen. Der gute und charakter-
volle Mensch sagt, was er sagen will, unzweideutig. Man soll
daran nicht rütteln und zweifeln, nichts hinter den Worten suchen,
was nicht darin liegt. Eure Rede sei ja, ja, nein, nein, was dar-
über ist, das ist vom Übel.
Vor allen Dingen ist mit dem Begriff der Illusion die Grenze
des Ästhetischen gegenüber dem Sinnlichen scharf markiert. Auch
in die Kunst spielt ja das Sinnliche hinein. Aber sie erschöpft
sich nicht im Sinnlichen. Ihre Wirkungen liegen jenseits der
Sinnlichkeit, in einer höheren geistigen Sphäre. Das führt freilich
zu Konsequenzen, die man den Mut haben muss zu ziehen. Man
wird sich entschliessen müssen, die rein sinnliche Schönheit der
Töne und der Farben überhaupt nicht zum ästhetisch Schönen
zu rechnen. Denn sie unterscheidet sich prinzipiell nicht von der
sinnlichen Annehmlichkeit eines Feuerwerks, eines Parfüms, einer
Gänseleberpastete. Höchstens könnte man die beiden zuletzt ge-
nannten Reize, da sie durch die niederen Sinne vermittelt werden,
noch etwas tiefer auf der Skala setzen. Auch liesse sich nichts
dagegen einwenden, wenn man Reize wie die eines schönen vollen
Tons, einer leuchtenden satten Farbe oder eines Feuerwerks, eines
Kaleidoskops u. s. w. als eine erste niederste Stufe des Ästhetischen
auffassen wollte, gewissermassen als eine Gruppe unterästhe-
tischer Reize. Jedenfalls erhalten sie aber ihren höheren ästhe-
tischen Charakter “erst durch den Hinzutritt der Illusion. Und die
Bezeichnung des Gehörs- und Gesichtssinnes als höhere Sinne würde
im Lichte dieser Thatsache doppelt begreiflich erscheinen. Es sind
eben die einzigen Sinne, bei denen eine Weiterbildung der Wahr-
nehmung in der Richtung auf die Illusion möglich ist. Der Geruch
einer feinen Seife, der Geschmack einer pikanten Speise, das
Streicheln eines weichen Pelzes, das sind rein sinnliche Thätigkeiten,
an die sich kein psychischer Vorgang im Sinne der Illusion an-
schliesst. Was man bei ihnen wahrnimmt, stellt man sich auch
unter ihnen vor. Sie erzeugen einfach sinnliche Lust, nichts weiter.
Wollte man diese Reize zu den ästhetischen rechnen, so müsste
man konsequent sein und auch die rein sexuellen Reize ihnen
zugesellen, was doch kein ernster Ästhetiker thun wird.
Deshalb halte ich es auch für sehr bedenklich, die körper
liehen Gefühle, wie das neuerdings die Einfühlungsästhetik wieder-
holt gethan hat, mit den ästhetischen so zusammenzuschweissen,
 
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