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So ist also der Unterschied von Tier und Mensch noch immer
auch in dieser Beziehung gross genug. Aber was das wichtigste ist,
es zeigt sich hier eine Entwickelung, die schon auf der tierischen
Stufe ansetzt und in die menschliche hinübergreift. Tier- und
Menschenseele werden hierdurch wiederum zu einer Einheit zu-
sammengebunden. Man sieht, dass die ersten Spuren der Kunst
schon auf niedere animalische Stufen zurückgehen und dass mit
der Steigerung der Intelligenz auch eine Steigerung und Verfeinerung
des Spieltriebes, schliesslich ein Übergang vom Spiel zur Kunst
stattfindet.

SECHZEHNTES KAPITEL
ZWECK UND ENTSTEHUNG DER
KÜNSTLERISCHEN ILLUSION


ENN nun die Kunst dem Spiel wirklich so ähnlich ist, wie

wir im vorigen ‘Kapitel gesehen haben, so dass man sie

geradezu als ein höheres verfeinertes Spiel bezeichnen kann, so
liegt auf der Hand, dass auch der Zweck beider Thätigkeiten der-
selbe sein muss. Und da Spiel der allgemeinere, Kunst der engere
Begriff ist, so kann man die Frage nach dem Zweck der Kunst
nicht besser beantworten, als indem man zunächst eine Erklärung
für den Zweck des Spiels zu gewinnen sucht. Genau die Be-
deutung, die das Spiel für das körperliche Leben hat, hat die
Kunst für das geistige, und genau denselben Nutzen, den jenes
dem Kinde bringt, bringt diese dem Erwachsenen. Und wenn
es eine allgemeine Theorie des Spiels giebt, die sich mit allen
Thatsachen vereinigen lässt, so gilt diese gleichzeitig auch für
die Kunst. Da aber das Wesen der Kunst in der Illusion be-
steht, so spitzt sich die Frage gleich zu der anderen zu: Was
ist der Zweck des Illusionsspiels? Oder aber: Wie ist die Illusion
 
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