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SsichMv KcrM. ^»' ^kS.

E-rIch>iiicii wöchcnU'ch eininaU — M°n °bonnin cci allcn Buch- F SS BrctS lüc cincn Banr u°n L4 'llumuicrn 3 ch. ih occr I Rlhlr.

Iloncn. ^ S°r. Eiuzclne Num,n>rn kcstcn 9 >r rh. or. 3 <

n. Kniistbanrliinacn, allcn Postäniicrn u. ZcilunfiSeipckttio

Potitifche Evangelien für alle Sonn- und Fefttage des Jahres.

Am eilsten Sonntag nach Trinitatis.

Michael gerieth umer einige
übermüthige Narren und er spracli
nun insonderheit /u den Sckurken
unter ibnen : „Glücklich sind Jene,
die in diesen Tagen der Klcinbeit
und Selbstsucht n»r einc große
odcr auch nur eine edle That
sehen; denn sie werden hossent-
lich durch das Beispiel gebessert.

„Abcr dcr „Großen' sind
viele, uud der „Edlen" nock>
mehr, so daß — (da Keiner von ihnen aus übergroßer Be-
scheidenhcit es dem Andern an Größe und Edelsinn zuvor-
thun will) — vielleicht dieß ein Grund ist, warum cs uns
trotzdem noch immer an Großen und Edlen mangelt

„Viele Propbeten sind unker Euch aufgestanden, die
große Dinge verkündeien und Euch Narren glauben mach-
ten: Dicse Zcit werde große Männer und große Jdeen —
die Erzeuger und Diüttcr großer edler Tbalcn gebären: aber
ich meine: die Prophetcn sammt ihren Gläubigcn wurden
zu Schanden."

„Vielc Kbnige haben sreilich viele Dinge vollführt, die
ihncn im Buchc der Gesckichte verzeichnet werden ; aber wer
redct noch davon, und wer noch davon redet, wie redei man
von diesem?

„Wer nun hierauf behauptet, daß Allcs was und wie's
jetzt eristirt, nichr sonderlich rühmenSwcrth u»d »ichr voll-
kommen sei, dcm will ich nicbt widersprechen.'

Auf dicse Worte Michael'S trat ihm cin gelehrtcr

Schriftverdrehcr entgegen, ver-
suchte ihn und sprach: „Jüng-
ling! was muß ich thun, daß Du
es groß, oder nur auch cdel
nciinst?"

Michael fragke ihn: „Was
ist Dein höchstcs Sitten- und Le-
bensgesctz?"

Er antwortete: „Du sollst
Gott licben—denn cr oder viel-
mchr die Kirche, befiehlt es —
Deinen Hcrrn und König fürcbten — dcnn er ist mächtig
— Du sollst Allcn, die über Dir stehen, dienen mit allen
Deinen Krästen; abcr Dich selbst soilst Du lieben übcr
Alles, mit Dcineni ganzen Herzen, mil Deinem ganzen Ver-
stande und mit Deinem ganzen Gcmüthe; dcnn es stcht in
der Brust eines jeden Mcnschen geschricben: Jeder ist sich
selbst dcr Nächste."

Micbacl antwortete ihm: „Du magst für Dicb recht
haben, aber sür Andere hast Du's nicht, denn Du bist ein
Feind der Menschhcik wie Deines Bruders und thust llnrecbt?"

Dcr Schrisiverdreher lächelte und fragte spottend:
„Wer ist denn mein Bruder?"

Daraui antwortcte Michael mit folgendcm Gleickniß:

„ES war ein Mensch, der ging nach Badcn, zu kämpfen
für die deutscbe Reichsversassung, und er ging wieder nach
Schlcswig-Holstein, zu kämpfen für eine deutschc Provinz.
Er fiel a» beiden Oricn unter Mördcr, die zogen ihn aus




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