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Seehsl'ee Nanb.

^ Erschciiic» wöchcntlich cinmal, — Man abonnirt bci allcn Buch- /»/,. F ^ ^ Prcis für cincn Band von 24 Nnmmcrn 3 fl, rh, odcr 1 Ntblr,
, u. Kunsthandlungcn, allcn Postämtcrn u. ZcitungScrpcditioncn. " - * * 2l Sgr, Einzclnc Nuinmcrn kostcn 9 kr. rh od, 3 Sgr,

Politifche Evangelien für alle Sonn- und Fefttage des Jahres.

Am sechszehnten Sonntag nach Trinitatis.

ÄL Da die Pfaffen hörten, daß
- M i ch a e l das Evangelium Christi
^ wahrhaft achte, da er sich be-
^ mühe, dc» Geist desselbcn im Volke
lebendig zu machen nnd durch ihn
^ alle Geknechteten aus dcn Banden
eigcnen Vorurtheils und aufgcdrun-
< gener Pfaffcntyrannei zu befreien:

f versamiuelten sie sich in „Pius-

Vereinen" und bcriethen, wie sie
> Michaeln, den Freund der Ver-

nunft und dcs Rechts, der Gotteslästerung beschuldigen und
ihn so dem Haß dcr Unwissenden iiberliefern könntcn.

U»d cs trat unter ihnen Einer auf, versuchte sich ein
fanatisch - frommes Ausschen zu geben uud sprach:

„Vriider in Christo ! Angesichts des dreieinigen Gottes, des
Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes und Angesichts der
ganzen katholischen Kirche wollen wir Protest einlegen ge-
gen die maßlose Frechheit, womit Michael unser heiliges
Evangelium zur Erreichung seiner wühlerischen und gottcs-
lästcrlichen Tendenzen mißbraucht, entweiht und entheiligt,
Wir können ihm freilich nichr bcweiscn, womit er Gott und
sein Evangelium gclästert, aber wir brauchen es auch nicht,
dcnn noch gibk esMillionen „gläubigcrChri-
st en." Also schleudern wir den Bannstrahl gegen ihn, dcr
auf den Sünder zwar kcine. aber aus manches fromine
Schäflein eine gewiß erschrcckliche Wirkung haben wird."

Der „Haupt-Pius-Vcrein" stimmte dcm bei und ermäch-
tigte neun Heilige gegen Michaeln des Bannstrahls

Doiinerkcil, oder weun sie dcn
nicht hätten odcr schwingen konn-
ten, eincii löschpapicrnen „Pro-
tcst" zu schlcudern

Da Michael das nicht hörte
— dcnn von allen mit dencn er
»mging, kümnierte sich Niemand
um jene n e u ii Heilige — ka-
mcii hcuchlerische Vcrsucher zu ihm
und sprachen: „Abcr lieber Frcund I
"" Was erachken Sie als das höchste

Gebot der Vernunft und des Gottglaubens?"

Michael ankworietc ihnen: „Tu sollst Gott, die höch-
stc Vcrnunft. licbc» von ganzcm Hcrzcn, mit allen dci-
ucn Kräftcn, und ibrcm schaffcnden Gedankcn nachsorschcn
in jcder Crcatur und im ganzcn Ali, Wenn Dich aber
heuchlerische Fromme oder froiume Heuchler deShalb ver-
leumden und vcrfolgcn, so dcnke: daß es Bessern als dir,
von eben so schlechten Heiligcn als die bcutigen sind, lange
vor dir so crgangc»,

„Dics ist das höchstc Gebot für den wahrhaft fronimen,
duldsamen Dcnker u»d Menschen,

„Ein andcrcs aber koinmt dicsem glcich: Du sollst Dei-
nen Nächstcn lieben wie Dich selbst,

„Ju diesen zwei Gebotcn liegt das ganze Gesetz cineS
vernüiiftigcn Staates und allcr Religion,"

Ta die Vcrsuchcr ihm nichts antwortctcn, fragte er
sic: „Wic komm' ich Euch nun vor? Für was haltct Jhr
mich?"



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s/p

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