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Beim Antritt der neuen Halfte unseres Jahrhunderts.


2VVIt86Iiern knVte Ol« I^IKeral^en iVnxen."

Dahin ein halbes Säculum
Voll Blut und Pulverdanipf —

Den Nücken schlug uns wund und krunim
Der deuische Freiheitskcimpf!

Vom fremden Joch in s eigen' Joch!

Ha welch' ein ruhmvoll' Siegen!

Der dcutsche Witz, er lebe hoch,

Dcr läßt sich nicht betrügen!

Euch selber klagt dcr Feigheit an,

Des schmählichsten Verraths!

Wohl stritt und fiel manch edler Mann,
Allein das Volk, — was that's?

Es stand gespreizten Maules da

Beim Feldschrei: „Zu den Waffen!"
Und wußte nicht, wie ihm gcschah,

Und konnte nichts als gaffen.

Gcduld, Geduld! verzaget nicht,

Und baut auf Fürstenwort,

Was euch ein Pergament versprichk,
Das lcbt ja ewig fort.

Nur noch ein halbes Säculum,

Dem ähnlich, das entschwunden,
Dann seid ihr sicher um und um
Mit Gottcs Gnad' — geschunden

Den Himniel stehlen sie euch nicht
Die Fürstcn hoch vom Thron,

Und vor dem letzten Weltgerichr
Läuft Keincr euch davon.

Doch weil ihr euch gleich ihnen trollt
Herum auf dicser Erden,

Und auch ein Stück von Diesseits wollt,
Darf's cuch entzogen werden?

L


Wie oft auch noch der Hammcr schlägt
An's starre Glockenerz,

Jhr achtet's nicht, und Keinem regt
Sich das empörte Herz.

Mit Schlägcn schultc man cuch ein
Seit eurer Kindheit Tagen:

Wer endlich solle Hammcr scin?
Darnach geht nie ein Fragen.

Jhr lebt umsonst ans dieser Welk,
Senkt nur den Arm in Ruh',

Laßt Allcs geh'n wie's Gott gefällt,
Und schimpft dann weidlich zn!

Beklagt euch über Tyrannei
Und frevcntlich' Bcginnen:

Doch daß dieß eure Schuld nur sei
Das kömmt euch nie zu Sinneu.

Zeigt mir das Licht der neuen Zeit,
Womit ihr täglich prahlt.

Den Altar, wo ihr Weihrauch streur
Der „göttlichen Gewalr?"

Den Molch, der eure Kinder srißt
Und euch und eure Habe,

Gleichwie auf Aeser niederschießt
Ein nimmersatter Rabe!

Bei Gott! wcnn schon die Macht zu sein,
Ein Recht, zu sein verleiht,

So stehe auch dem Recht, zu sein,

Die volle Macht zur Seit'.

Das Nccht bleibt Recht, die Wahrheit wabr,
D'rum haltct d'ran euch feste,

Einst hebt sich doch der deutsche Aar
Aus seinem Felsenneste.

O brcitc aus dcr Schwingen Pracht,

Wirf deinen Donnerkeil,

Dein Büschel Blitze durch die Nacht,

Zur deutschen Volksreveille!

Dann bricht der gold'ne Morgen an,

Zur Hölle muß sie fahren,

Muß weichen vor der Sonne Bahn
Die Nacht von fünszig Jahren.

Dann steht in frischem Zauberglanz
Des Vaterlandes Bild,

Die Freiheit setzt den Eichenkranz
Auf seine Stirne mild —

O daß cr grüne cwig jung,

O möcht' cr nie erbleichen,

O dürften wir zur Huldigung
Dem Vaterland ihn reichen! —

s


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