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Zweites Buch.
Thermen
des
Caracalla.
und auf kurzen Pfeilern ruhte (suspensura). Dies ist überhaupt die Art,
in welcher die Römer in kälteren Gegenden ihre Wohn räume zu erwärmen
pflegten. Beim Auskleidezimmer ist noch ein besonderes Gemach als elaeothe-
sium angebracht, wo Salben, Oele und anderes Badegeräth unter Aufsicht des
capsarius bewahrt wurde. — Rom besass unter Constantin fünfzehn Thermen.
Die erheblichsten Ueberreste solcher Anlagen sind die Thermen des Titus,
des Caracalla und des Diocletian; vomPantheon, als einem Nebengebäude
der Thermen des Agrippa, war bereits oben die Rede. Von den Thermen
des Diocletian, in denen 3200 Personen zugleich baden konnten, ist der
Hauptsaal noch erhalten und in die Kirche S. Maria degli angeli verwandelt.
Seine Kreuzgewölbe ruhen auf acht Granitsäulen, deren Basen und Kapitale,
letztere theils korinthischer, theils römischer Ordnung, aus weissem Marmor
bestehen. Ein Nebengebäude derselben Thermen von runder Grundform bildet
die jetzige Kirche S. Bernardino. Sodann scheint auch der sogenannte Tempel
der Minerva Me di ca*) den Mittelpunkt einer Thermenanlage der späteren
Cäsarenzeit gebildet zu haben. Es ist einer der merkwürdigsten Ueberreste,
besonders durch die Art seiner Grundform und Construction, die einen zehn-
seitigen Kuppelraum mit eben so vielen ausspringenden Halbkreisnischen zeigt.
Die Kuppel, mit einer Spannweite von 75 Fuss, kommt von allen ähnlichen
antiken Wölbungen der des Pantheon am nächsten. Ueber den Nischen durch-
brechen grosse Rundbogenfenster die Mauer. Spuren von verschiedenen an-
stossenden Baulichkeiten sind noch zu erkennen.
Die gewaltigsten Ueberreste, wild zerrissen wie ein zerklüftetes Felsge-
birge, ragen von den Thermen des Caracalla auf, welche Abel Blouet**) in
einer trefflichen Restauration uns verständlich gemacht hat (vgl. den Grundriss
Fig. 138). Das Gebäude bedeckte einen Flächenraum von 1200 F. im Quadrat
und bestand aus einem äusseren und einem inneren Bau. Der äussere, diese
ungeheure Fläche umziehende und einschliessende, enthielt an der Front und
einem Theil der Seiten hinter einem Portikus einzelne Badezellen mit Aus-
kleidezimmern, wo man ein Bad nehmen konnte, ohne an den übrigen Ge-
wohnheiten des Thermenlebens sich zu betheiligen. Treppen führten auf meh-
reren Punkten zu einem oberen Geschoss, welches ebenfalls Badezellen enthielt.
In der Mitte lag der Haupteingang, der in den ausgedehnten, mit Bäumen be-
pflanzten Garten führte. Räume manniclifacher Anlage und Bestimmung, wie
wir sie oben andeuteten, in der Verlängerung des Umfassungbaues und in zwei
bogenförmigen Ausbauten desselben angebracht, öffneten sich gegen diesen
Hof. An der Rückseite der gesammten Anlage befanden sich die Wasser-
reservoirs mit der Wasserleitung, welche dieselben speiste. Das Hauptgebäude
nahm die Mitte des Ganzen ein und bestand aus einer Anzahl der grossartig-
sten Räume, in deren Anordnung Zweckmässigkeit und Mannichfaltigkeit, in
deren Construction und Ausschmückung die drei bildenden Künste wetteiferten.
Von der Pracht ihrer Ausstattung zeugen die Kolossalgruppe des farnesischen
Stieres, des Herkules und der Flora in Neapel, welche hier gefunden wurden.
Die Haupträume bilden ungeheure Säle wie C, mit seinen Nischen und Neben-
gemächern, wo das grosse Schwimmbassin sich befand; und B, an welchen
kleinere Bassins stossen, wahrscheinlich das Caldarium, beide ehemals mit je
drei weitgespannten Kreuzgewölben auf acht kolossalen Säulen bedeckt. Die
*) Aufnahmen bei Canina. Vgl. auch C. E. Isabelle, Parallele des salles rondes d’Jtalie antiques et
modernes. Fol. Paris 1831.
**) A, Blouet, les thermes de Caracalla. Fol. Paris,
Zweites Buch.
Thermen
des
Caracalla.
und auf kurzen Pfeilern ruhte (suspensura). Dies ist überhaupt die Art,
in welcher die Römer in kälteren Gegenden ihre Wohn räume zu erwärmen
pflegten. Beim Auskleidezimmer ist noch ein besonderes Gemach als elaeothe-
sium angebracht, wo Salben, Oele und anderes Badegeräth unter Aufsicht des
capsarius bewahrt wurde. — Rom besass unter Constantin fünfzehn Thermen.
Die erheblichsten Ueberreste solcher Anlagen sind die Thermen des Titus,
des Caracalla und des Diocletian; vomPantheon, als einem Nebengebäude
der Thermen des Agrippa, war bereits oben die Rede. Von den Thermen
des Diocletian, in denen 3200 Personen zugleich baden konnten, ist der
Hauptsaal noch erhalten und in die Kirche S. Maria degli angeli verwandelt.
Seine Kreuzgewölbe ruhen auf acht Granitsäulen, deren Basen und Kapitale,
letztere theils korinthischer, theils römischer Ordnung, aus weissem Marmor
bestehen. Ein Nebengebäude derselben Thermen von runder Grundform bildet
die jetzige Kirche S. Bernardino. Sodann scheint auch der sogenannte Tempel
der Minerva Me di ca*) den Mittelpunkt einer Thermenanlage der späteren
Cäsarenzeit gebildet zu haben. Es ist einer der merkwürdigsten Ueberreste,
besonders durch die Art seiner Grundform und Construction, die einen zehn-
seitigen Kuppelraum mit eben so vielen ausspringenden Halbkreisnischen zeigt.
Die Kuppel, mit einer Spannweite von 75 Fuss, kommt von allen ähnlichen
antiken Wölbungen der des Pantheon am nächsten. Ueber den Nischen durch-
brechen grosse Rundbogenfenster die Mauer. Spuren von verschiedenen an-
stossenden Baulichkeiten sind noch zu erkennen.
Die gewaltigsten Ueberreste, wild zerrissen wie ein zerklüftetes Felsge-
birge, ragen von den Thermen des Caracalla auf, welche Abel Blouet**) in
einer trefflichen Restauration uns verständlich gemacht hat (vgl. den Grundriss
Fig. 138). Das Gebäude bedeckte einen Flächenraum von 1200 F. im Quadrat
und bestand aus einem äusseren und einem inneren Bau. Der äussere, diese
ungeheure Fläche umziehende und einschliessende, enthielt an der Front und
einem Theil der Seiten hinter einem Portikus einzelne Badezellen mit Aus-
kleidezimmern, wo man ein Bad nehmen konnte, ohne an den übrigen Ge-
wohnheiten des Thermenlebens sich zu betheiligen. Treppen führten auf meh-
reren Punkten zu einem oberen Geschoss, welches ebenfalls Badezellen enthielt.
In der Mitte lag der Haupteingang, der in den ausgedehnten, mit Bäumen be-
pflanzten Garten führte. Räume manniclifacher Anlage und Bestimmung, wie
wir sie oben andeuteten, in der Verlängerung des Umfassungbaues und in zwei
bogenförmigen Ausbauten desselben angebracht, öffneten sich gegen diesen
Hof. An der Rückseite der gesammten Anlage befanden sich die Wasser-
reservoirs mit der Wasserleitung, welche dieselben speiste. Das Hauptgebäude
nahm die Mitte des Ganzen ein und bestand aus einer Anzahl der grossartig-
sten Räume, in deren Anordnung Zweckmässigkeit und Mannichfaltigkeit, in
deren Construction und Ausschmückung die drei bildenden Künste wetteiferten.
Von der Pracht ihrer Ausstattung zeugen die Kolossalgruppe des farnesischen
Stieres, des Herkules und der Flora in Neapel, welche hier gefunden wurden.
Die Haupträume bilden ungeheure Säle wie C, mit seinen Nischen und Neben-
gemächern, wo das grosse Schwimmbassin sich befand; und B, an welchen
kleinere Bassins stossen, wahrscheinlich das Caldarium, beide ehemals mit je
drei weitgespannten Kreuzgewölben auf acht kolossalen Säulen bedeckt. Die
*) Aufnahmen bei Canina. Vgl. auch C. E. Isabelle, Parallele des salles rondes d’Jtalie antiques et
modernes. Fol. Paris 1831.
**) A, Blouet, les thermes de Caracalla. Fol. Paris,