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Janssen, Walter
Issendorf: ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit (Heft 6, Teil 1): Issendorf: ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit — Hildesheim: Lax, 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.63213#0058
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Verzierung (Taf. 1,7). Während das Stück außen senkrecht angeordnete Tiefstichverzie-
rung des Typs II nach Dehnke61 zeigte, verliefen am inneren oberen Schalenrand die weit-
verbreiteten Verzierungen in Winkellinien62. Tiefstichornamentik in Form von Winkel-
linien bildete, wie die auf Taf. 1 zusammengestellten Funde zeigen, überhaupt eines der
geläufigsten Dekors im Issendorfer Material. Winkellinien kommen entweder nur zwei-
zeilig (Taf. 1, 7. 19. 21. 22. 25), selten auch einzeilig (Taf. 1, 28), häufig aber auch tiefgestaf-
felt in fünf und mehr Reihen vor (Taf. 1, 8.11.13.29). Leider sind die aus dem Issendorfer
Großsteingrab geborgenen Scherbenfragmente so klein, daß sich in den meisten Fällen die
Gefäßform, der sie zugehört haben, kaum noch bestimmen läßt. Immerhin darf als sicher
gelten, daß tiefstichverzierte Schalen sehr häufig vertreten sind, denn von ihnen wurden
etliche Randbruchstücke gefunden (Taf. 1, 7.8.21.22.28).
Größere Bruchstücke eines Schultergefäßes, und zwar vom Wandumbruch, stellen die
Stücke Taf. 1, 15.16 dar, die vielleicht zum selben Gefäß wie der Bandhenkel Taf. 1, 3 ge-
hören mögen. Auch die beiden Wandbruchstücke Taf. 1, 17.18 dürften diesem Gefäß zuzu-
ordnen sein. Darauf deutet jedenfalls die Verzierung in Form durchgehender, tiefeingesto-
chener vertikaler Linien. Im übrigen finden sich verschiedene Formen der Tiefstichverzie-
rung, allein oder mit anderen kombiniert, immer wieder. Weit verbreitet ist beispiels-
weise die Verbindung reihenförmig angeordneter Einzeleinstiche durch querverlaufenden
Furchenstich oder Schnittlinien63 (Taf. 1, 12.13.19.23.24.40.41.43). Aber gelegentlich kom-
men serienmäßige Einzeleinstiche auch unverbunden nebeneinander vor (Taf. 1, 6.36.37.
42.). Bei Schalen findet sich als Randdekoration auch mehrzeiliges Muster aus Winkel-
linien, das durch durchlaufende vertikale Linien begrenzt wird und das von Dehnke für
eine einfache und daher altertümliche Zierform gehalten wird64 (Taf. 1, 29).
Zusammenfassend läßt sich der Formenschatz von Verzierungen so charakterisieren,
daß in fast allen vorgelegten Stücken die vertikalen Elemente der Dekoration überwiegen.
Ein Teil der Funde, beispielsweise die Streitaxt und die Reste von Schultergefäßen, fin-
den sich nicht nur in Großsteingräbern, sondern sind für Bestattungen der Einzelgrabkul-
tur kennzeichnend. Auch die im Issendorfer Fundmaterial vertretenen, gelblich bis hell-
ockerfarbenen trichterförmigen Schalen sind aus Flachgräbern bekannt65. Wir treffen da-
mit im Großsteingrab von Issendorf einen Fundzusammenhang an, der im wesentlichen
für den Übergang des frühen zum mittleren Neolithikum bezeichnend ist66.
Im übrigen dürften die Zeitstellung des Issendorfer Großsteingrabes und vor allem
seine Belegungsdauer anhand der vorgelegten Funde noch keineswegs abschließend be-
stimmt sein, denn mit Schnitt 2 ist das Grab ja nur randlich angeschnitten worden. Es ist
sicher auch heute noch möglich, im Zentrum der Grabanlage große Mengen von Keramik
zu gewinnen, die mit Sicherheit ein viel differenzierteres Bild vermitteln.

61 Dehnke a. a. O. (wie Anm. 8) 3.
62 Dehnke a. a. O. (wie Anm. 8) 4f. - Gruppe D.
63 Dazu vgl. Dehnke a. a. O. (wie Anm. 8) 4. - Typ C, 5.
64 Dehnke a. a. O. (wie Anm. 8) 98. - Gruppe 1.
65 J. Deichmüller, Nachr. aus Nieders. Urgesch. 38, 1969, 115 ff. - E. Schlicht, Drei nichtmegalithische Gräber
der Trichterbecherkultur im Emsland, in: Die Kunde NF 18, 1967, 16ff.
66 H. Knöll, Die nordwestdeutsche Tiefstichkeramik und ihre Stellung im nord- und mitteleuropäischen Neo-
lithikum (1959).

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