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Janssen, Walter
Issendorf: ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit (Heft 6, Teil 1): Issendorf: ein Urnenfriedhof der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit — Hildesheim: Lax, 1972

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.63213#0091
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merkbar macht: Es werden römische Gläser aus provinzialrömischen Werkstätten bis weit
in den germanischen Norden Deutschlands exportiert, wie die Issendorfer Glasfunde klar
zeigen. In den gleichen Zusammenhang gehört die nahe Verwandtschaft von Kämmen mit
Tierkopfverzierung aus Issendorf mit bestimmten provinzialrömischen Kammformen des
späten 4. Jahrhunderts. Die Intensität des provinzialrömischen Einflusses zwischen unterer
Weser und Niederelbe kann demnach kaum überschätzt werden, und zwar selbst noch für
die spätrömische Zeit. Nur so wird auch erklärlich, daß provinzialrömische Gefäßformen
immer wieder einheimischen Töpfern des Weser-Elbe-Gebietes als Vorbild für ihre Erzeug-
nisse dienen. In Issendorf läßt sich dieser form- und stilbildende Einfluß des provinzial-
römischen Kunsthandwerks u. a. an Gefäßen wie der Urne aus Grab 253 nachweisen, die
ein römisches Bronzegefäß mit geriffelter Wandung imitiert (Taf. 44, 253).
Zum Problem der kulturellen Beziehungen zur Nachbarschaft gehört auch die Frage, in
welcher Weise vom Gebiet, in dem der Issendorfer Urnenfriedhof liegt, Anstöße auf an-
dere Räume ausgegangen sind. Bei Gelegenheit der Untersuchung der sog. Kumpfformen
der Issendorfer Keramik haben wir bereits dargestellt, daß die Kumpfformen des Nieder-
elbe-Gebietes Ausgangspunkt für die Entwicklung einer mitteldeutschen Keramikform bei
Brandgräbern geworden ist. Insofern zeigt sich sehr deutlich, wie sich stilistische Entwick-
lungen innerhalb des Niederelbe-Gebietes in die Nachbarräume fortsetzen. Gerade die
„primitiven" Kumpfformen und kugeltopfähnliche Keramikformen finden aber auch im an-
gelsächsischen England eine neue Blüte157. Ihr Vorkommen auf der Insel deutet darauf hin,
daß der Issendorfer Urnenfriedhof auf jeden Fall bis ins 5. Jahrh. belegt wurde.

157 Fr. Tischler, Der Stand der Sachsenforschung archäologisch gesehen, in: 35. Ber. d. RGK 1954, 21 ff.

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