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SIEDLUNGSGESCHICHTLICHE FORSCHUNGEN IN WEST-KRETA

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Anlagen, zum mindesten eines Heiligtums, wurde dann durch den Fund 1 eines Weih-
reliefs des 2./1. Jahrhunderts für Athena FctSia erwiesen2; zugleich wurde von anderen
antiken Resten berichtet. Allerdings haben sich Mauerspuren nur von Terrassen
beobachten lassen. Die Befestigung auf dem Gipfel entstammt der Zeit der griechi-
schen Aufstände gegen die Türken. Aber Scherben und angeblich auch Münzfunde
bestätigen die Annahme einer antiken Siedlung. Als wesentlich tritt hinzu die Fest-
stellung von bereits zerstörten Gräbern römischer Zeit im Kessel von Apodulu
selbst, in der Flur Kentri nahe dem Nordabhang der Kastri-Höhe,' wo ziegelgedeckte
Gräber dickwandige Schalen enthielten, und in der Flur Krommydes, von wo eine
gläserne Lekythos, eine Weinkanne und andere Kannen aus Ton aus dem zweiten
Jahrhundert n. Chr. geborgen und zum Teil ins Museum von Rethymnon über-
führt wurden. Auch sie gehören zur Siedlung von Kastri, die also in römischer
Zeit gleichzeitig mit dem Tempelbau in Sulia geblüht haben muß. Ihr Name bleibt
unbekannt. An Bionnon zu denken ist nicht ausgeschlossen3. Der Besitz des frucht-
baren Beckens von Apodulu gab der Stadt eigene Bedeutung, und Sulia wird zuerst
zu ihr gehört haben. Dann setzt der Aufstieg von Sybrita die Einverleibung beider
Orte in dessen Staatsgebiet voraus. Sie entspricht den ähnlichen Ausdehnungs-
bestrebungen von Gortyn in der Mesara, die sich beispielsweise in der Annexion von
Boibe4 und Bene geltend machten.
Von den Höhen, die den Talkessel von Aja Paraskewi unterhalb von Apodulu
begrenzen, springen westlich dieses Dorfes niedrige Ausläufer vor. Einer von ihnen
trägt geringe Reste der venezianischen Zeit, unter denen sich Pithos-Scherben mit
dem Firmenstempel eines Markos finden; der nächste nach Westen, auf seiner Höhe
plateauförmig gebildete galt mit seinem Flurnamen Gurnes den Umwohnern schon
immer als Stätte einer Siedlung alter Zeit. Hier wurde auf einem Acker am Nordost-
hang der mittelminoische Steatitbecher von Apodulu gefunden, den Pendlebury 1930
auf seiner Reise durch dies Gebiet sah5. Dieser Fund veranlaßte Marinatos 1933/34
zu Ausgrabungen auf der Höhe selbst. Pendlebury hatte hier frühminoische Scherben
aufgelesen6, Marinatos fand, nur wenig von Erdreich bedeckt, die Mauer einiger
1 I Cret. II, XXX 2 m Abb., vorher Guarducci, Riv. Ist. Arch. 6, 1937, I2^· Nach den Berichten
der Einheimischen kann die Fundangabe als gesichert gelten. 2 Den Kultnamen verbindet
Guarducci 14 mit der Verehrung einer Athena an einem Bach Βαδύ in Elis (Paus. V 3, 2).
Entsprechend heißt die kretische Britomartis nach Namenerklärungen der antiken Lexikographen
virgo dulcis, das ist genau: Παρθένος Ραδία, wobei zur Gleichung einermit Britomartis wesensverwandten
Göttin mit Athena zu vergleichen wäre, was sich aus dem Giebelschmuck von Aigina ergibt (Kirsten,
Gnomon 18, 1942, 307!.). 3 Plassart, BCH. 45, 1921, 61 f. Der Widerspruch in I Cret.II 312 geht
von der oben S. 125 Anm. 5 abgelehnten Gleichung von Kionia-Kerame mit Bionnos aus. Unlösbar
ist die Frage, ob Bionnos hier nicht Zusatz in Wiederaufnahme der Nennung von Biannos ist (RE.
Suppl. 7, 79fi.). 4 Boibe gehört zu den Städten am Rand der Mesara, deren Lage ungefähr die der
heutigen, nur wohl aus Sicherheitsgründen näher an die Berge und Quellen gerückten Dörfer entspricht.
So bewahrt Bobia den Namen von Boibe (RE. 3, 628). Die Siedlung lag nach geringen griechischen, viel-
leicht auch minoischen Scherbenfunden auf der isolierten Höhe 107 unmittelbar über dem Lethaios (ein
Fort in der Nähe, Pendlebury 377). 5 Evans, Palace of Minos IV656 f. AA. 1934,248.1935,247. BCH. 58,
1936,273 Abb. 39. 6 Pendlebury 175.289.231, der die Höhe als Gumes bezeichnet, dann aber davon die
Stätte von Marinatos’ Ausgrabung stillschweigend trennt (ebenso wie Dunbabin in a. O. 188 nr. 39 u. 40.).
 
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