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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 2.1959

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Presseschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.32957#0004
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Presseschau

I

Wozu sollen wir uns noch mit der Antike heschäjtigen? Die Stellung der huma-
nistischen Bildung im technischen Zeitalter
- Schluß -

Die „Rheinische Post‘ c versichert uns, daß der „Streit, ob die humanistische
Bildung heute als toter Ballast für die Bewältigung des technischen Zeitalters
zu gelten habe oder nicht“, mehr Befürworter der überlieferten Bildung als
Gegner auf den Plan gerufen habe. Freilich billigen diese Befürworter Viettas
Ablehnung des 3Bildungshumanismus‘; sie tun es implizit. Es kommt zu keiner
wirklichen - auch begrifflichen - Klärung dessen, was denn ,Bildung c im spe-
zifischen Sinne heute sei. Ablehnung der ,Bildungsattrappe c ist doch nur ein
Schlagwort. Brauchbarer ist schon dieser schlichte, der Abwehr dienende An-
satz: „Der Mensch ist nicht autonom, sondern verpflichtenden und unlöslichen
Bindungen (gemeint sind hier solche, die sich jeweils aus einer neuen ,Zeit-
situation c ergeben) unterworfen. In bewußter Anerkennung dieser Bindungen
seine Persönlichkeit zu gestalten, ist sein Auftrag. Von diesem Bewußtsein
durchdrungen zu sein, ist nicht Humanismus, scnon gar nicht Bildungshumanis-
mus, sondern Bildung.“ (Gerhard Fries, Stud.Rat). Eine mögliche Neuorien-
tierung der überlieferten Bildung und des heute gepflegten Humanismus deutete
Vietta vorsichtig an, wenn er sagte: „. . . ich glaube, daß die ungeheuerste
Leistung des Hellenismus, den Weg nach Asien zu öjfnen, viel zu wenig be-
achtet wurde. Darum hat sich das Gymnasium um den unerhörten Reichtum
der asiatisch-hellenistischen Antike gebracht, ja womöglich sollte man den
buddhistischen Humanismus gleichwertig ins Gymnasium einbeziehen: ist doch
das Porträt Buddhas hellenistisch.“ Ein Vertreter des ,Wirtschaftsgymnasiums‘
in Essen greift diesen Gedanken auf und fordert einen ,globalen Humanismus‘,
eine Jebendige Begegnung beider Hemisphären c, eine ,Briicke zu den fernöst-
lichen Völkern zu schlagen'. „Befreien wir uns von dem kleinlichen Ballast,
der zu Unrecht vorgab, die westliche Antike zu vertreten, um den Bogen zur
Antike des Ostens so weit spannen zu können, daß eine erneuerte Menschheit
der ganzen Erde ihren Anfang nehmen kann.“ (Heinrich Jaspert).

Einige gewichtige Beiträge zu der von Vietta angeregten Diskussion können
hier leider nicht so zum Wort kommen, wie sie es um ihrer selbst willen ver-
dienen. Schadewaldts Beitrag („Heimweh fiach Hellas beute?“), der Gedanken
aufnimmt, die er bei der 2000-Jahr-Feier der Stadt Rom in Rom vortrug, wird
Herr Bömer in unserer Zeitschrift ,Gymnasium c abdrucken. Der Artikel ,Zur
christlichen Wertung der Antike. Die Übersetzung griechischer Weisheit in die
christliche Philosophie durch Augustinus' von Prof. J. M. Nielen, der die ganze
Reihe bedeutsam abschließt, charakterisiert die geistige-seelische Lage des jun-
gen Christentums in der römisch-griechischen Welt, verhört die „Aussagen der
Väter unseres Glaubens“ von Paulus bis Augustin, in denen besonders die Deu-

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