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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 2.1959

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Nr. 2
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Walsdorff, Alfred: Ein Kommentar zur "Kasseler Reformschule"
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https://doi.org/10.11588/diglit.32957#0026
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Ein Kommentar zur .Kasseler Reformschule'

Von O.St.R. Dr. Walsdorff, Kassel

Die Redaktion hat Herrn Dr. Walsdorff gebeten, zu den Reformplänen Dr.
Klitschers Stellung zu nehmen, da er 1956 an den Diskussionen im Gemeindeschulvor-
stand und in der öffentlichkeit teilgenommen hat, die der Beschlußfassung durch die
städtischen Körperschaften vorausgingen. Die Red. dankt Herrn Walsdorff für diesen
Beitrag, der eine Ergänzung zum Pressebericht darstellt und unsern Lesern um so er-
wünschter sein mag, als er sich auf die offizielle ,Denkschrift c Klitschers (1955) stützen
kann. Pressebericht und Kommentar sind völlig unabhängig von einander entstanden.
Geringfügige Überschneidungen sind also absichtlich in Kauf genommen vmrden.

In Kassel soll bis spätestens 1962 in einzelnen Abschnitten eine Schule ent-
stehen, in der die Schüler eines Stadtbezirkes gemeinsam, aber auf verschiedenen
Wegen von der Grundschule bis zur Berufsschul-Ausbildung bzw. zur Hoch-
schulreife geführt werden. Insgesamt sind 34 Klassen für 1200 Schüler (in
Koedukation) vorgesehen. Die Grundsteinlegung für vier Klassen der Unter-
stufe steht bevor.

Der folgende skizzierende Überblick stützt sich auf eine von der Pädagogi-
schen Gesellschaft Kassel vorgelegte ,Denkschrift <l für deren Text Dr. Klitscher
verantwortlich zeichnet. Nach späteren Zeitungsberichten 1 2 ist die Planung seit-
her in Einzelheiten geändert worden, die hier nicht berücksichtigt werden. Das
ganze System ist nicht in Schultypen, sondern horizontal in Altersstufen geglie-
dert, deren Gemeinschaft möglichst gewahrt wird. Unterstufe, Mittelstufe und
Oberstufe sollen zwar in verschiedenen Gebäuden untergebracht werden, ge-
hören aber organisch zusammen. Der Unterricht in der Mittelstufe (5.-7. Schul-
jahr) wird in Niveaukursen differenziert; z. B. wird nach der Leistungsfähigkeit
der Schüler der Englischunterricht in einem Kurs durch verstärkten Deutsch-
unterricht im anderen ersetzt, von den gemeinsamen auf Erleben und Werten
ausgerichteten Deutschstunden die eigentliche Sprachschulung abgetrennt und
ebenso in Mathematik nur die Übung der allgemeinen Rechnungsarten gemein-
sam betrieben, während Spezialgebiete den befähigteren Schülern vorbehalten
bleiben. Die Oberstufe (8.-10. Schulj.) 3 wird in den allgemeinen, den wirtschaft-
lichen und den wissenschaftlichen Zweig gegabelt unter fortgesetzter Differen-
zierung des Fachunterrichtes. Auf den wissenschafllichen Zweig baut sich die
Oberschule auf mit dem 11.-13. Schuljahr. 3 Diese schematische Einteilung wird
von der Mittelstufe an noch aufgelockert und ergänzt durch wahlfreie Kurse,
um jedem gerecht zu werden. Dieses Gesamtschulsystem hat das Ziel, die Jugend
nicht mehr in völlig getrennten Schullaufbahnen, sondern gemeinsam aufwach-
sen zu lassen und so „auf eine gesunde sozialpolitische Neuordnung hinzustre-

1 Anm. d. Red.: Sie wurde nachträglich vom Ministerium gebilligt.

2 Anm. d. Red.: gemeint ist vor allem die oben besprochene Artikelserie I-X.

3 Anm. d. Red.: Im Presseartikel X heißt es: ,Oberbau je nach dem Ziel zwei oder
drei Jahre, im gymnasialen Zweig sechs Jahrek

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