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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 21.1978

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Nr.1
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Meyer, Thomas: Überlegungen zur Konstruktion eines Lehrgangs für Latein als 2. Fremdsprache
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https://doi.org/10.11588/diglit.33075#0008

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nicht zu unterschätzende Motivation für das Latein ausgehen. Jetzt nämlich
wird im Lateinunterricht ihre Herkunft ins Blickfeld gerückt, und mit der
Untersuchung der Bedeutungsentwicklung (Erweiterung, Verengung oder auch
Übertragung einer ursprünglichen römischen Bedeutung) eröffnet sich dem
Schüler eine neue Dimension der Sprachbetrachtung. In Fällen geringerer Be-
deutungsentwicklung kann der Schüler von nun an auch ihm noch unbekannte
englische Vokabeln von den lateinischen Grundwörtern ausgehend erschließen.
Auch die Syntax des Englischen sollte im Lateinunterricht bewußt gemacht
werden; eine kontrastive Betrachtung grammatischer Erscheinungen der drei
Sprachen Englisch, Lateinisch, Deutsch kann ebenso erhellend wie anregend
sein.
Kooperation zwischen Englisch und Latein vor allem während Klasse 7 und
8 ist dringend zu wünschen.
b) Bei der Wortschatzarbeit muß auch die Entwicklung des Lateins zu den
romanischen Tochtersprachen hin berücksichtigt werden. Daher sollte der
Lateinlehrer nicht versäumen, gelegentlich an einem leichten französischen,
italienischen oder spanischen Text dem Schüler zu zeigen, wieviel er nun mit
seinen Lateinkenntnissen schon erschließen kann.
Denn wie es für den Lernenden einerseits reizvoll ist, in der Antike eine in
vielem fremde und ferne Welt kennenzulernen, so geht andererseits eine be-
deutende Motivation von der Einsicht in die Fortwirkung und Gegenwärtigkeit
der Antike aus. Diese ist nirgends besser zu fassen als eben in den romanischen
Sprachen. Aus dem damit verbundenen Erfolgserlebnis erhellt deutlicher als aus
programmatischen Hinweisen, was das Latein ,nützt‘ und nützen kann. (Vgl.
Otto Schönberger in DASIU 1/1975, S. 19.)
c) Der Lateinunterricht zielt auch da, wo er mit Details beginnt, auf ein Ganzes,
eine Übersicht, ein System ab. Darin, daß im Englischunterricht andere, mehr
imitatorische Fähigkeiten angesprochen werden, hegt eine Chance für den
Lateinunterricht ab Klasse 7: er kann die bislang z. T. brachliegenden Fähig-
keiten zum sprachlichen Analysieren, Abstrahieren und Systematisieren
wecken und bewußtmachen.
3. Vorbemerkungen zur Gestaltung des Lehrgangs
a) Daß es bei einer Möglichkeit, den Lehrgang Latein 2 nach 4 oder 5 Jahren
zu beenden, wenig sinnvoll ist, Lernstoff zu vermitteln, der erst in der Zeit nach
eventueller Abwahl gebraucht würde, liegt auf der Hand; ebenso, daß Spracher-
lemungsphase und Lektürephase innerhalb der bewußten 4 oder 5 Jahre in einer
vertretbaren Relation stehen sollten.
b) Dies ist um so eher möglich, wenn zu Beginn der Spracherlemung feststeht,
zu welchem Lektürecorpus sie hinfuhren soll. Relevanz von Vokabeln und Syn-
tactica ergibt sich in erster Linie aus der Frequenz in der Lektüre.
c) Dies braucht nicht zu bedeuten, daß alles andere außerhalb der Betrachtung
bliebe. Auch wenn man sich auf die Erlernung von Teilen eines Systems be-

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