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Österreich / Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale [Hrsg.]
Mittheilungen der K.K. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale — 5.1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.21913#0253
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248

hat (Holzschnitt Fig. 1). Eine Treppe führte in diesem
Nebengebäude in dessen und des eigentlichen Thorthur-
mes erstes Stockwerk. Das Thor selbst, wie alle vierzehn,
gross genug um einen beladenen Wagen durchzulassen,
hat einen aus Grünstein und weissein Kalkstein abwech-
selnd quadrirten Rundbogen. Das Thorbaus war früher rnit
Fresken, wahrscheinlich aus der Zeit der Erbauung ge-
schmückt, von denen man noch Spuren sieht. Auch die Thor-
flügel, in denen sich ein enges Einlassthürchen mit einer
dreieckigen Schuss-Spalte befindet und welche mit Eisen-
blech beschlagen sind, waren bemalt. Landsknechte mit
weiss und rothen, dann blau und gelben wallenden Fah-
nen waren die Gegenstände der Fresken. Von Graben
und Zugbrücke, von denen K. W. Mayer, Verfasser einer
Statistik und Topographie von Kärnthen in den Neunziger-
jahren des verflossenen Jahrhunderts, spricht, ist keine Spur
vorhanden, und da auch die Löcher für die Rollen der
Aufzugketten fehlen, so muss eines der folgenden Thor-
häuser gemeint sein O.

Im Schluss-Steine des Thorbogens eine Statue, das
Jesukindlein nackt mit Fahne und Lamm und der Jahreszahl
1580. Weiter oben eine Tafel mit einer religiösen Inschrift2)
und der Jahreszahl 157h; endlich wurde in ganz neuester
Zeit ein aus dem Hochschlosse hieher übertragener Stein
mit folgender Inschrift eingemauert:

Georgius Khevenhilter in Aichelberg über baro in Landseron

dominus in alt. Osterwitz summusque Carinthiae praefectus,

Anno MDLXXV.

An der linken3) Ecke des Thorhauses ist nahe am
Roden ein länglich viereckiger Stein mit einfacher Console
und eben solchem Gesimse eingemauert, der in halberhabener
Arbeit eine bereits sehr verstümmelte, mehr als lebensgrosse
weibliche Büste mit übergeworfenem Tuche zeigt, ersicht-
lich der Abbildung Margarethens im Ambraser-Cabinete
ähnlich. Auf dieses Steinbild mag sich die Sage von jenem
auf der Maultasch-Schutt basiren , wohin es nach Valvasor
durch Georg Kbevenhiller, „der es in einen weissen Stain
bauen liess“', aufgestellt worden sein soll. Rechts und links
neben dem Thoresind ziemlich tief zwei Schuss-Spalten ange-
bracht, breiter als hoch. Die Aussenmauer des Thorthurmes
und des Nebengebäudes hat eine Schartenreihe, auf deren
Schartenzeilen das Dach aufliegt.

Zur Vermeidung von Undeutlichkeit sei hier eine kleine
Digression über Schuss-Spalten und Schuss-Scharten gestat-
tet. Erstere, auch Schusslöcher genannt, heissen die in einer
Mauer selbst durchgebrochenen , zum Hinausschiessen be-
stimmten Öffnungen. Sie sind bald rund, bald viereckig, seltener

1J Von einem seit jener Zeit vielleicht verschwundenen äusseren Thore kann
keine Rede sein, da schon Valvasor nur von vierzehn Thoren spricht,

2) Von den zahlreichen Inschriften in Osterwitz werden in diesen Blättern
nur die, historische Daten enthaltenden in extenso gegeben werden.

s) Heraldisch links.

dreieckig, oft aus dem Parallelogramm und der Rundung, oder
aus dem ersteren und dem Dreiecke zusammengesetzt.
Diese Zusammensetzungen, für deren erstere ich den nach
der Figur gewiss sehr passenden, wenngleich etwas pro-
saischen Namen „Kochlöffelspalten“ vorschlage, haben den
Zweck, in den oft engen Thurm- und Zwingerräumen das
Anschlägen mit längeren Feuergewehren und ihr Zurück-
ziehen nach dem Schüsse zu erleichtern, da man sie zu diesem
Zwecke nur zu senken oder zu beben braucht, während man,
wenn der längliche obere Einschnitt fehlt, mit dem Gewehre
vor- und rückwärts treten muss.

Schuss-Scharten heissen dagegen die zum Schiessen
bestimmten Einschnitte in den Obertheilen der Mauer. Wo
mehrere derselben beisammen stehen, bilden sie Scharten-
reihen, Zinnen. Der volle Theil der Mauer zwischen zwei
Scharten heisst Schartenzeile (Merlan), die beiden Seiten
der Scharte: Schartenbacken, der Boden der Scharte aber:
die Sohle. Um den Schützen ein weiteres Gesichtsfeld zu
geben ohne ihn unnütz dem feindlichen Feuer auszusetzen,
legt man in der Regel die Schartenbacken nicht parallel,
sondern gegen aussen, bisweilen auch gegen innen zu erwei-
tert an; die Sohle selbst senkt man gegen aussen, um noch
näher am Fusse der Mauer ankommende Feinde im Gesicht
und im Schüsse zu hehalten. In ähnlicher Art sind auch die
Schuss-Spalten construirt; den Obertheil der Schartenzeilen
(Kamm oder Crete) senkt man gegen aussen, um das Was-
ser abzuleiten, welches auf denselben stehen bleiben könnte.
Während die Scharten nicht breiter sein dürfen, als gerade
zum bequemen Hinausstecken des Gewehres und nöthigen
Falles einer StangenwafFe erforderlich war, musste die
Schartenzeile die nöthige Breite haben, den Schützen beim
Laden vollkommen zu decken.

Oft wurde, was in Osterwitz häufig der Fall ist, die
Feuerlinie einer Zinnenmauer dadurch verstärkt, dass man
in die Schartenzeilen selbst Schuss-Spalten brach, wo dann
ein Schütze durch diese, der zweite aus der Scharte schoss.
Bei Abwehr eines Sturmes mochte dann die Scharte zum
Gebrauch der Handwaffe, die Spalte für die Feuerwaffe
verwendet werden.

Achtundvierzig Schritte1) weiter treffen wir das zweite
Thorhaus, mit dem ersten (wie sich dieses dann später fort-
zieht) durch eine am Rande des Fahrweges gegen die Thal-
seite zu aufgeführte niedere Zinnenmauer verbunden, welche
die eben erwähnte Feuerverstärkung durch kleine viereckige
Schuss-Spalten in den Schartenzeilen hat.

Dieses Thorhaus, rechts an den Felsen gelehnt, hat
ebenfalls einen runden Thorbogen mit zwei horizontalläng-
liehen Schuss-Spalten, in deren Backen im Innern des Gebäu-
des noch Seitenlöcher einmünden, um ganz verdeckt mit
starker Seitenrichtung schiessen zu können. Unmittelbar

i) Dieses Schrittinass und die künftigen ähnlichen sind, da die Strasse nicht
in gerader Richtung führt, nur als beiläufig richtig anzunehmen.
 
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