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Meier-Graefe, Julius [Editor]; Corot, Jean-Baptiste-Camille [Ill.]
Corot — Berlin, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.27162#0037
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Bieter 29

feiern den Träumer. Er zeichne zwar schlecht aber träume wie kein zweiter. Fast mochte
man bei der Lektüre der Biographien glauben: nichts weniger als ein Maler.

Auch diese Begeisterung mag die Gastlichkeit bezeugen. Übrigens hätte man ihn auch
als Bourgeois besingen können. In der Politik stand er wenn irgendwo auf der äußersten
Rechten. Seine Leidenschaft waren Familienfeste, und als ihn in reifen Jahren ein Freund
das Angeln lehrte, vergaß Corot über diesem Sport vierzehn Tage lang das Malen. Auch
seine Ausdrucksweise war poetisch. Wenn er sich bei Dutilleux zum Malen anmeldet,
heißt es, er putze seine Flöten für die lieben Vögelchen im Walde. — Es wird uns zu-
weilen etwas unbehaglich bei diesem Bing Bing, aber er hat sich nichts dabei gedacht.
Man nannte La Fontaine einen Bonhomme, und ganz gewitzte Literaturkenner behaup-
ten, er sei in Wirklichkeit gar kein Bonhomme gewesen, zweifeln sogar an der weitge-
henden Einfalt. Die Bonhomie habe ihm nur als bequeme Verkleidung gedient. Deshalb
braucht man, wenn Ähnliches auf den Pere Corot zutreffen sollte, nicht an seiner Auf-
richtigkeit zu zweifeln. Alle tragen Masken. Die Gastlichkeit verlangt es. Täten sie es
nicht, wären sie von den Mitlebenden schwer zu ertragen. Am nächsten liegt es, sich
ein bißchen dumm zu stellen. So wird die Überlegenheit leichter verziehen.
 
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