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Meier-Graefe, Julius [Hrsg.]; Corot, Jean-Baptiste-Camille [Ill.]
Corot — Berlin, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.27162#0038
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DIE EINZIGE POSITIVE HILFE BERTIN’S WAR DER HINWEIS AUF ROM. DIE
Reise verstand sich für einen Künstler, der sich respektiert, von selbst und war gleich-
bedeutend mit dem juristischen Studium des zukünftigen Staatsbeamten. Daher machte
der Vater keine Umstände und gab das Reisegeld her. Im Spätsommer 1825 ging es los.
Corot war fast dreißig. Kurz vor der Abfahrt ist auf Wunsch der Eltern das schlichte
Selbstbildnis vor der Staffelei entstanden, heute in der Sammlung Moreau (R41). Ein
Maler kurländischer Herkunft, namens Behr, ebenfalls Schüler Bertin’s, begleitete ihn.
Dieser Behr spielt eine nicht bedeutungslose Rolle im Dasein Corots, weil er ihm, Avie
Moreau-Nelaton berichtet, das Pfeifenrauchen beibrachte. Das fand in Lyon statt, und
Corot hat das Ereignis in einer Zeichnung, betitelt „La pipe“, festgehalten. Es ist eine
lange orientalische Pfeife mit kleinem Kopf, und aus der Haltung ist unschwer das De-
büt des Rauchers abzulesen. Bald Avurde dieses Stadium überwunden, wahrscheinlich
schon im Verlauf der Reise, die sich in die Länge zog. Die Pfeife verlor den unange-
brachten orientalischen Einschlag und verkürzte sich. Sie näherte sich dem Modell, das
seitdem den meisten Künstlern zumal Landschaftern am Munde hängt.

Im Dezember traf man in Rom ein. Es regnete und er hatte Heimweh nach der Rue du
Bac, schrieb seinem Freunde Abel Osmond lange Avehmütige Briefe und rauchte das er-
Avähnte Pfeifchen. Moreau-Nelaton nennt es Pipette. In dem ersten Briefe berichtet
Corot den Reichtum der Stadt an Materien für die Komposition von Bildern. Er hat Con-
fiance. Die Materien findet er nicht da, avo die anderen Romfahrer sie suchen, nicht in
dem Marmor der Aphroditen und der Jupiter-Häupter, noch in den Reliefs der Sarko-
phage. Nicht einmal in den Werken Raffaels und Michelangelos. Er benutzte nicht,
Avas nahe lag, die Regentage zum Besuch der Museen, sondern saß am Fenster an der
Piazza d’Espagna, Avartete auf besseres Wetter und rauchte Pipette. Während seines
ganzen Aufenthalts in Rom, der länger als ZAvei Jahre dauerte, kam er nicht einmal in
die Sixtina. Die Stadt genügte. Das Baugelüst des Malers fand auf Schritt und Tritt
Materien von der Art derer, die ihm in Paris und auf den ersten Fahrten nach Rouen
und Dieppe zugefallen waren, nur noch um vieles geeigneter für seine Zwecke. Es lag
an den Flügeln. Statt der beiden dicht bebauten in Paris gab es deren hier sieben, die
sich günstiger präsentierten. Die Bebauung stammte aus verschiedenen meist vergange-
nen Kulturen, die viele Torsos von Monumenten übriggelassen hatten, und so, Avie sie
mit der Zeit getvorden Avaren, ZAvischen den anderen Stadtteilen Aveiter existierten. Die
Kulturen als solche flößten ihm kein Interesse ein. Was ihn fesselte, Avar die Mischung
 
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