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Meier-Graefe, Julius [Hrsg.]; Corot, Jean-Baptiste-Camille [Ill.]
Corot — Berlin, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.27162#0071
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DIE BEMÜHUNGEN UM DEN SALON HABEN COROT DIE DISTANZ ZUR NATUR
gegeben. Der junge Renoir wurde einmal von ihm daraufhingewiesen. Man gewinne die
Distanz nur im Atelier. Ein richtiges Bild sei draußen nicht möglich. Dafür tischte die
Sonne zu viel auf, und man hatte keine Zeit zum Komponieren. Außerdem konnte man
mit größeren Formaten nicht in der Gegend herumziehen. — Renoir hat sich das gesagt
sein lassen und wenn ihn Monet mit Konsequenzen bedrängte, berief er sich im Stillen
auf Corot, der behauptet hatte, draußen gäbe es nur Studien, und damit sei es nicht getan.
Es entging ihm nicht, daß man unter Studie und Komposition zu verschiedenen Zeiten
Verschiedenes verstand. Der Impressionismus geriet aus mangelhaftem Verständnis für
die Regel Corots auf Abwege, und in der Zeit Corots, als Dichten in der Malerei zum
guten Ton gehörte, war die Vorschrift weniger dringend und die Natur nützlicher.
Ohne Komposition wird keine draußen gemalte Landschaft, sei sie noch so lebendig, zum
Bilde, und keine Komposition schenkt dem Bilde den Brodem. Wie wir sahen, ging Corot
schon in früher Zeit, ungeachtet der Beteuerungen der von seiner Naturtreue überzeug-
ten Biographen, mit dem draußen Gebotenen wenig pietätvoll um, sobald er sich im Atelier
ans Komponieren gab, und das geschah keineswegs zum Vorteil der Bilder. Er gewöhnte
sich an die summarische Behandlung der Studie, auch wenn keine biblische und archäo-
logische Legende untergebracht werden mußte. Der „Wald von Fontainebleau“ des Salon
von 1846, der ihm die Ehrenlegion einbrachte (R502), geht auf das kleine Bild von 1834
(R 272) zurück. Hier handelt es sich um eine bekannte Stelle im Walde, die sogenannten
Gorges d’Apremont, eine Felsenpartie mit zwei Bäumen. Das Gemälde benutzt nur den
Umriß der Baumkronen und läßt die Felsen verschwinden. Statt ihrer ein großer Teich
mit weidenden Kühen am Ufer. Nicht das Detail, sondern das ganze System der Land-
schaft wurde verändert. Auch da, wo es sich um bestimmte historische Plätze handelte
und er im gleichen Format, sogar auf der gleichen Leinwand blieb, schreckte er nicht
vor Korrekturen der Natur zurück. Pierrefonds (475 A) wurde zwanzig Jahre später über-
malt und erhielt einen See, der dem Bilde gut steht, aber den der Besucher des berühm-
ten Schlosses vergeblich suchen würde (475 B). Sobald die Figur dazu kommt, muß sich
das Lokal jeden Eingriff gefallen lassen. Die „Zerstörung Sodoms“ (R460), eines der
letzten Salonbilder alten Stils, soll nach Robaut nach einer friedlichen Bretagner Land-
schaft entstanden sein. Abgesehen von einem Stück Mauer, die in der Vorstudie zu einem
Brunnen gehört und im Bilde zu einer schwer deutbaren sodomitischen Architektur wurde,
fehlt jede Spur einer Beziehung. Der berühmte „Nymphentanz“ des Louvre (R 1061),
 
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