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Die Hirsauer Klöster
as Gebiet des heutigen Württembergs war im frühen Mittelalter bis nach der Mitte
des 11.Jahrhunderts, also in der fränkischen, karolingischen, ottonischen und frühsalischen
Periode unserer Geschichte, ein ziemlich abgelegener Landstrich. Reicheres Leben pul-
sierte westlich und nördlich am Rhein und Main, südlich in der Gegend des Bodensees, gegen
Osten am Lech und an der Donau. Hier dagegen blühte keine Stadt mit den Resten römischer
Zivilisation und stand kein Bischofsstuhl als Mittelpunkt kirchlichen und künstlerischen Lebens.
Erst jenseits der Grenzen, wenn auch in geringer Entfernung, reihten sich die zum Teil ur-
alten Bischofsstädte mit ihren erhabenen Domen: Konstanz, Straßburg, Speier, Worms,
Augsburg und andere. Von den großen Kaisergeschlechtern war keines im heutigen Württem-
berg beheimatet — die Staufer kommen für diese Periode noch nicht in Betracht — und
wandte ihm seine Gunst zu, wie etwa die Otkonen und Heinrich III. dem Harz, Konrad II.
und Heinrich IV. dem Rheinland. Auch die auf wirtschaftlichem und geistigem Gebiet führenden
Klöster lagen außerhalb: St. Gallen, die Reichenau, St. Emeram in Regensburg, Fulda,
Lorsch. Ohne einen beherrschenden Mittelpunkt oder eine natürliche Verkehrsader blieb unser
Gebiet lange Zeit hinter seiner Umgebung zurück und unterlag fremden, vielfach sich kreuzenden
Einflüssen.
Zwar faßten die Benediktiner frühzeitig auch hier Fuß, aber keine der Zellen und Abteien
brachte es schon damals zu größerer Bedeutung, ausgenommen das wahrscheinlich unter Karls
des Großen Vater als „geistliche Hochburg des Pipinismus" gegründete Ellwangen, das
wir in dem 817 angefertigten, die Klöster in drei Klassen teilenden Verzeichnis in die 2.Klasse
eingereiht finden, während sonst kein württembergisches Kloster überhaupt ausgenommen ist:
doch kennen wir von dem ältesten Münster in Ellwangen nicht einmal den Grundriß.
Bauliche Überreste karolingischer und frühromanischer Klöster sind daher so gut wie keine
auf uns gekommen und von der zu neuen Formen fortschreitenden Bewegung der deutschen
Baukunst in jener Zeit lassen sich kaum vereinzelte Ausstrahlungen erkennen. Die Kirche zu
Brenz OA. Heidenheim, die zuerst dem Klösterlein Faurndau, dann der Abtei St. Gallen
gehörte, scheint uns ein frühes Westwerk in dem von zwei runden Treppentürmchen begleiteten
Westturm aufbewahrt zu habens. Die gotische Klosterkirche in Murrhardt besitzt in ihrem
westlichen Querschisf und Chor ein hochaltertümliches Merkmal: die Anlageform darf ver-
mutungsweise in die spätottonische Periode um das Jahr 1000 oder wenig später zurück-


i) Von der ältesten, wahrscheinlich karolingischen Auceliuskirche in Hirsau wurden innerhalb des romanischen
Münsters Grundmauern ausgesunden, die aus einschiffige Anlage schließen lassen.
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