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Beziehung zu Brunelleschis Centralbauten.

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Gestiftet ist sie von demselben Pigcllo Portinari, durch dessen Plände die Gelder
für den von ihm selbst bewohnten Palast des Cosimo Medici gingen, als eigene Grabstätte
und als Zeichen kirchlicher Gesinnung,1) vielleicht aber auch als eine Huldigung für die
S. Pietro und seiner Grabkirche besonders zugcthanc Fürstin Bianca Maria. Die Chronik
des Dominicaners Gaspare Bugati (1524 —1528) berichtet, dafs die Capelle 1462 begonnen,
1468 vollendet wurde: „vortrefflich im architektonischen, wie im malerischen Schmuck“.
Der Maler sei Vincenzo Vecchio, der Architekt wird nicht genannt. Auch Filarcte und
Vasari lassen uns hier im Stich. Die literarisch überhaupt unverbürgte Autorschaft Miche-
lozzos ist demgemäfs auch hier nur durch historische und stilkritische Wahrscheinlich-
keit zu beweisen. In deren Sinn aber besteht sie unbedingt, nur darf man hier ebenso-
wenig, wie am banco Mcdiceo, Michelozzos Antheil auch auf jedes Detail ausdehnen.
Selbst ohne die Beziehung zum Geschäftsträger der Medici würde diese Capelle
bau geschichtlich auf einen Zusammenhang mit Toscana schliefsen lassen, specieller mit
einer Gruppe von Bauten, welche kunsthistorisch besonders mit Brunelleschis „alter“
Sacristei von S. Lorenzo und seiner Pazzi-Capclle im ersten Klosterhof bei S. Crocc


Abb. 65.
Pazzi-Capelle bei S. Croce in Florenz.


Abb. 66.
Portinari-Capelle bei S. Eustorgio in Mailand.

zu Florenz verbunden ist: in der Reihe jener zahlreichen Variationen, in denen der dort
aufgcstcllte Grundtypus eines kleinen kuppelgekrönten Centralbaues seine Reize und seine
Entwicklungsfähigkeit so glänzend bewährt, zählt die Cappella Portinari zu den glück-
lichsten. Die Verwandtschaft ist deutlich ausgesprochen (Abb. 65 und 66). Nicht nur das
allgemeine Grundprincip der Raumgestaltung Brunelleschis kehrt hier wieder, sondern auch
eine Reihe der constructiven und decorativen Lösungsformen, auf denen der ästhetische
Eindruck und die kunsthistorische Bedeutung jener beiden Florentiner Werke beruhen, so
die von H. von Geymüller mit Recht so gerühmte Anordnung der „ concentrischen Doppel-
arcade“ und die Häufung der Kreisformen im Grundrifs wie an den Fenstern und an allem
Rahmenwerk. Aber es fehlt auch nicht an wesentlichen Gegensätzen. Der Grundrifs der
Cappella Portinari ist quadratisch, während Brunelleschis Pazzi-Capelle ein lang gestrecktes
Rechteck bildet, und dadurch konnte auch von den Wanddecorationen der letzteren wenig-
stens diejenige ihrer Längsmaucrn für die Mailänder Capelle kein Muster bieten (Abb. 67J.
In der That erinnern in dieser nur die Eingangs- und die Rück-Wand an das Florentiner
Vorbild — nicht aber die Dccoration der beiden Scitcnwände, an denen der halbkreis-
förmige Schildbogen lediglich ein schlankes Spitzbogenfenster umschliefst. Eine noch
wesentlichere Abweichung vom Werk Brunelleschis besteht jedoch in der Einfügung eines
1) Vergl. dazu die Inschrift auf dem in der Capelle befindlichen, neuerdings restaurirten Bildnifs
des vor S. Pietro knieenden Portinari: „Pillegus Portinarius Nobilis Florentinus hujus Sacelli a funda-
mentis erector anno Domini 1462
 
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