Vergleich mit dem Uebergangsstil Toscanas und Venedigs. 141
Lombardei überhaupt nicht begegnet. — Will man den Grundcharakter der lombardischen
Bildnerei, soweit wir sie bisher kennen lernten, in ein Schlagwort zusammenfassen, welches
ihre Beziehung zu der allgemeinen italienischen Frührenaissance ausdrückt, so bleibt dies:
„malerischer Realismus“. Dieser Rechtstitel kann äufserlich allerdings genügen. Er ist
sogar weit bedeutungsvoller, als die Beglaubigung, welche ihr die beiden Herolde der
Renaissance, die Putten und die altrömischen Kaiserköpfe, bringen. —
Allein solche Schlagworte reichen für einen höheren Standpunkt der geschicht-
lichen Betrachtung selbstverständlich nirgends aus, am wenigsten für ein aus so compli-
cirten Grundbedingungen erwachsenes Charakterbild einer Uebcrgangskunst, wie es sich
vor uns entrollt hat, der Ucbergangskunst eines Grenzlandcs, in der die nationale Eigenart
im Wechsel zahlreicher Einwirkungen vom germanischen Norden, vom mittelitalienischen
Süden und vom venezianischen Osten noch um ihren klaren Ausdruck ringt. Als Grund-
lage der späteren Entwicklung, der national-lombardischen Renaissance, sind die hier
geschilderten Stilbilder — sowohl für das decorativ-ornamentale, wie für das figürliche Arbeits-
gebiet — eben nur im lebendigen Fluss der erörterten Wechselwirkungen an sich zu erfassen.
Dieser selbst bleibt während der etwa hundertjährigen Periode vom Beginn des Mailänder
Domes bis 1470 das geschichtlich mafsgebende Lebenselement der lombardischen Kunst,
und nur durch die Verbindung mit neuen, weit mächtigeren Kräften konnte diese zu einer
einheitlichen, stilistisch in sich abgeschlossenen, stilkritisch leicht greifbaren, nationalen
Ausdrucksweise erstarken. Denn noch fehlte in der Lombardei die höchste Form, in
welcher sich der Fortschritt des künstlerischen Schaffens zu vollziehen vermag: der Ein-
griff wahrhaft grofser, genialer Persönlichkeiten. Das sollte ihr erst die Folgezeit bringen,
dann aber in bewundernswerthcr Freigebigkeit. Leber der lombardischen Renaissance
erstrahlen die Namen: Donatello und Mantegna, Bramante und Lionardo da Vinci.
Lombardei überhaupt nicht begegnet. — Will man den Grundcharakter der lombardischen
Bildnerei, soweit wir sie bisher kennen lernten, in ein Schlagwort zusammenfassen, welches
ihre Beziehung zu der allgemeinen italienischen Frührenaissance ausdrückt, so bleibt dies:
„malerischer Realismus“. Dieser Rechtstitel kann äufserlich allerdings genügen. Er ist
sogar weit bedeutungsvoller, als die Beglaubigung, welche ihr die beiden Herolde der
Renaissance, die Putten und die altrömischen Kaiserköpfe, bringen. —
Allein solche Schlagworte reichen für einen höheren Standpunkt der geschicht-
lichen Betrachtung selbstverständlich nirgends aus, am wenigsten für ein aus so compli-
cirten Grundbedingungen erwachsenes Charakterbild einer Uebcrgangskunst, wie es sich
vor uns entrollt hat, der Ucbergangskunst eines Grenzlandcs, in der die nationale Eigenart
im Wechsel zahlreicher Einwirkungen vom germanischen Norden, vom mittelitalienischen
Süden und vom venezianischen Osten noch um ihren klaren Ausdruck ringt. Als Grund-
lage der späteren Entwicklung, der national-lombardischen Renaissance, sind die hier
geschilderten Stilbilder — sowohl für das decorativ-ornamentale, wie für das figürliche Arbeits-
gebiet — eben nur im lebendigen Fluss der erörterten Wechselwirkungen an sich zu erfassen.
Dieser selbst bleibt während der etwa hundertjährigen Periode vom Beginn des Mailänder
Domes bis 1470 das geschichtlich mafsgebende Lebenselement der lombardischen Kunst,
und nur durch die Verbindung mit neuen, weit mächtigeren Kräften konnte diese zu einer
einheitlichen, stilistisch in sich abgeschlossenen, stilkritisch leicht greifbaren, nationalen
Ausdrucksweise erstarken. Denn noch fehlte in der Lombardei die höchste Form, in
welcher sich der Fortschritt des künstlerischen Schaffens zu vollziehen vermag: der Ein-
griff wahrhaft grofser, genialer Persönlichkeiten. Das sollte ihr erst die Folgezeit bringen,
dann aber in bewundernswerthcr Freigebigkeit. Leber der lombardischen Renaissance
erstrahlen die Namen: Donatello und Mantegna, Bramante und Lionardo da Vinci.