28 Erstes Capitel. Die Klosterhöfe der Certosa.
Folgerichtig schliefst sich der Bildschmuck dieser Höfe unter allen diesen Gesichts-
punkten dem im zweiten Capitel erörterten Uebergangsstil der lombardischen Plastik an.
Auch die von Florenz becinflufstcn neuen Typen und stilistischen Eigenheiten leben hier
noch fort. Nur, dafs die archaische Gebundenheit mehr und mehr weicht und in den
reiferen Arbeiten zur künstlerischen Vollendung der ganzen Kunstweise führt.
Und nicht gleichgültig ist es endlich auch, dafs solche Blüthe hier gerade in Thon-
bildwerken erreicht wird. Die Florentiner Thonbildner der ersten Hälfte des Quattrocento,
die Vorläufer und Genossen der della Robbia, haben neben den Toscancrn Filarete und
Michelozzo nach Oberitalien, wie nach Venedig, so auch nach der Lombardei jene in der
lombardischen Uebergangsplastik als neue Errungenschaften wirkenden Eigenheiten gröfsten-
theils eingeführt. Der genrehafte Zug, die malerische Formenbehandlung und die Empfin-
dungsinnigkeit scheint durch das leicht zu behandelnde Thonmaterial selbst gefördert.
Mindestens in einen pragmatischen Zusammenhang mit jenen unglasirten Thonbildwerken
zu Florenz und Venedig dürfte man auch diese Certosa-Terracotten bringen, obgleich sich
unmittelbare Beziehungen nicht nachweisen lassen.
Innerhalb der Geschichte der lombardischen Terracottaplastik selbst aber bilden
diese Arbeiten im Anschlufs an die der Mailänder Hospitalfcnster und die Werke zu
Castiglione d’ Olona eine in sich abgeschlossene Gruppe.
Eine zweite Reihe von Arbeiten gleicher Gattung, die dem letzten Drittel des
Quattro- und dem Beginn des Cinquecento angehören, ist von ihr durch Inhalt und Form
verschieden. Ihre Themata beschränken sich mehr und mehr auf den classischen Stoff,
der in jener ersten Gruppe nur durch die Putten und Römerköpfe verkörpert war, und
sie ersetzen die intime Miniaturplastik durch eine grofszügige, freilich auch viel flüchtigere
Formenbehandlung.
Diese zweite Blüthe der lombardischen Tcrracottakunst ist in der Certosa selbst
nicht vertreten. In Pavia gehört ihr die Decoration des Palazzo Bottigella an. Ihre
wahre Heimath aber ist wiederum Cremona, und ihre Wirkungssphäre reicht von dort
südlich bis zu den Marken und tritt in Mailand in unmittelbaren Dienst der neuen, reinen
Renaissancebaukunst des Stile Bramantesco. Mit diesem hat sie uns erst in den spä-
teren Capiteln zu beschäftigen, denn zunächst gilt es, die erste mehr selbständige gröfsere
Leistung des lombardischen Hauptmeisters zu würdigen, der in diesen Höfen der Certosa
herangereift war: die Colleoni-Capclle zu Bergamo.
Folgerichtig schliefst sich der Bildschmuck dieser Höfe unter allen diesen Gesichts-
punkten dem im zweiten Capitel erörterten Uebergangsstil der lombardischen Plastik an.
Auch die von Florenz becinflufstcn neuen Typen und stilistischen Eigenheiten leben hier
noch fort. Nur, dafs die archaische Gebundenheit mehr und mehr weicht und in den
reiferen Arbeiten zur künstlerischen Vollendung der ganzen Kunstweise führt.
Und nicht gleichgültig ist es endlich auch, dafs solche Blüthe hier gerade in Thon-
bildwerken erreicht wird. Die Florentiner Thonbildner der ersten Hälfte des Quattrocento,
die Vorläufer und Genossen der della Robbia, haben neben den Toscancrn Filarete und
Michelozzo nach Oberitalien, wie nach Venedig, so auch nach der Lombardei jene in der
lombardischen Uebergangsplastik als neue Errungenschaften wirkenden Eigenheiten gröfsten-
theils eingeführt. Der genrehafte Zug, die malerische Formenbehandlung und die Empfin-
dungsinnigkeit scheint durch das leicht zu behandelnde Thonmaterial selbst gefördert.
Mindestens in einen pragmatischen Zusammenhang mit jenen unglasirten Thonbildwerken
zu Florenz und Venedig dürfte man auch diese Certosa-Terracotten bringen, obgleich sich
unmittelbare Beziehungen nicht nachweisen lassen.
Innerhalb der Geschichte der lombardischen Terracottaplastik selbst aber bilden
diese Arbeiten im Anschlufs an die der Mailänder Hospitalfcnster und die Werke zu
Castiglione d’ Olona eine in sich abgeschlossene Gruppe.
Eine zweite Reihe von Arbeiten gleicher Gattung, die dem letzten Drittel des
Quattro- und dem Beginn des Cinquecento angehören, ist von ihr durch Inhalt und Form
verschieden. Ihre Themata beschränken sich mehr und mehr auf den classischen Stoff,
der in jener ersten Gruppe nur durch die Putten und Römerköpfe verkörpert war, und
sie ersetzen die intime Miniaturplastik durch eine grofszügige, freilich auch viel flüchtigere
Formenbehandlung.
Diese zweite Blüthe der lombardischen Tcrracottakunst ist in der Certosa selbst
nicht vertreten. In Pavia gehört ihr die Decoration des Palazzo Bottigella an. Ihre
wahre Heimath aber ist wiederum Cremona, und ihre Wirkungssphäre reicht von dort
südlich bis zu den Marken und tritt in Mailand in unmittelbaren Dienst der neuen, reinen
Renaissancebaukunst des Stile Bramantesco. Mit diesem hat sie uns erst in den spä-
teren Capiteln zu beschäftigen, denn zunächst gilt es, die erste mehr selbständige gröfsere
Leistung des lombardischen Hauptmeisters zu würdigen, der in diesen Höfen der Certosa
herangereift war: die Colleoni-Capclle zu Bergamo.