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Rogge, Jörg [Oth.]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Fürstin und Fürst: Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter ; [Referate, die vom 20. bis 23. März 2002 im Rahmen eines Symposiums mit dem Titel "Fürstin und Fürst. Rollenverständnis, Handlungsspielräume und Konfliktverhalten in den Geschlechterbeziehungen des hohen und fürstlichen Adels im Mittelalter und am Beginn der Frühen Neuzeit in europäischer Perspektive" im Erbacher Hof (Mainz) vorgetragen und diskutiert worden sind] — Mittelalter-Forschungen, Band 15: Ostfildern, 2004

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Kleinjung, Christine,: Geistliche Töchter – abgeschoben oder unterstützt? Überlegungen zum Verhältnis hochadliger Nonnen zu ihren Familien im 13. und 14. Jahrhundert
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.34729#0047

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Geistliche Töchter - abgeschoben oder unterstützt?

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konnten sich innerhalb eines Konventes zu sehr einflussreichen und wirkmächtigen
Faktoren entwickeln112. Aus diesem Grund waren nicht nur die Beziehungen zu
Verwandten außerhalb des Klosters für den Handlungsspielraum der einzelnen
Nonne bedeutsam.

3. Zusammenfassung
Die drei Beispiele konnten nur in Ansätzen die in den Leitfragen entwickelten Per-
spektiven und Fragestellungen aufzeigen. Sie verdeutlichen jedoch, dass die
Erscheinungsweise der hochadligen Nonnen in den Quellen sowie die Betrach-
tungsweise der Motive für den Klostereintritt sowie der Beziehung zu ihren Fami-
lien sehr vielschichtig und vielfältig ist.
Das Bild der eigenwilligen Frauengestalten der Vitenliteratur, die gegen den
Willen der Eltern mit aller Gewalt in die Klöster drängten, auf der einen Seite und
die von ihren Familien aus Versorgungsgründen in die Klöster abgeschobenen
Töchter, wie sie in Familien Verträgen erscheinen, auf der anderen Seite beruht in
starkem Maß auf einer Art Überlieferungsproblematik. Die Quellengattungen
bestimmen den Blickwinkel. In den Viten werden auf der Erzählebene die Strate-
gien der Frauen gegen ihre Familie bis zum Zeitpunkt des Klostereintritts themati-
siert. Die Auswertung dieser Quellen in Hinblick auf Motive und Selbstverständnis
der Frauen wird beispielsweise durch die männliche klerikale Verfasserschaft und
die Interessen des einzelnen Klosters erschwert. Die Familienverträge hingegen bil-
den die Motive der Familie auf einer formal-institutionellen Ebene ab. Feste Rollen-
zuweisungen erfolgten in diesem Rahmen nicht nur an geistliche Töchter, das glei-
che galt auch für weltliche Kinder sowie für geistliche Söhne. Die Verträge geben
jedoch ein rein statisches Bild.
In keiner der beiden Quellenarten wird das wechselseitige Verhältnis von
hochadligen Nonnen und ihren Familien ebensowenig wie deren Verlauf oder Ent-
wicklung thematisiert.
Die Untersuchung dieses Verhältnisses muss auf Quellen basieren, die bisher
schon in anderen Forschungszusammenhängen Beachtung gefunden haben. Es kann
sich dabei um weitere Urkunden der Familienüberlieferung oder um Zeugnisse, die
grundsätzlich das Verhältnis zwischen Familie und Kloster thematisieren, handeln. Zu
nennen wären etwa Schenkungs- und Stiftungsurkunden, Eintrittsurkunden, Testa-
mente, Einträge in Seelbüchern, Aussagen über Besuche von Verwandten im Kloster.
Für weitergehende Aussagen müsste das Quellenmaterial für einen festen Zeit-
raum verdichtet werden. Eine tiefere zeitliche Differenzierung ist unerlässlich, um
beispielsweise wichtige Aspekte wie die Erbberechtigung von Nonnen aus hoch-
adligen Familien und den Grad der familiären Rollenzuweisung noch detaillier-
ter zu untersuchen. Auch die Unterscheidung zwischen Töchtern und Witwen
erscheint sinnvoll.
Als besonders schwer fassbare Größe hat sich die emotionale Seite des Verhält-
nisses von Nonnen zu ihren Familien erwiesen - besonders wenn es aus materiellen
Zuwendungen geschlossen wird. An diesem Punkt erscheint eine weitere Charak-

112 S. vorherige Anm. Grundlegend: Schreiner, Consanguinitas (wie Anm. 36).
 
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