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Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]; Rogge, Jörg [Oth.]
Fürstin und Fürst: Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadeligen Frauen im Mittelalter ; [Referate, die vom 20. bis 23. März 2002 im Rahmen eines Symposiums mit dem Titel "Fürstin und Fürst. Rollenverständnis, Handlungsspielräume und Konfliktverhalten in den Geschlechterbeziehungen des hohen und fürstlichen Adels im Mittelalter und am Beginn der Frühen Neuzeit in europäischer Perspektive" im Erbacher Hof (Mainz) vorgetragen und diskutiert worden sind] — Mittelalter-Forschungen, Band 15: Ostfildern, 2004

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Fendrich, Ilona,: Die Beziehung von Fürstin und Fürst: zum hochadligen Ehealltag im 15. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.34729#0104

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Ilona Fendrich

selber zu wählen. Allerdings orientierte sich auch in diesem Fall die Partnerwahl
immer an machtpolitischen Interessen der Dynastie, also an der Staatsraison. Die
freie Wahl des Ehepartners war in der Regel also weder für hochadelige Männer
noch für hochadelige Frauen möglich, so dass die »>Freiheit der Partnerwahh kein
angemessenes Kriterium für das Ausmaß von spezifischer Unfreiheit und Unter-
drückung von Frauen« ist.32 Diese lässt sich aber an anderen Faktoren festmachen:
An der »Reduzierung auf die Existenz an der Seite eines Mannes, bei der Kontrolle
der weiblichen Sexualität und des weiblichen Körpers und bei der psychischen
Deformation der als >fremd< dargestellten, nun allerdings nicht mehr als Eindring-
ling geltenden Ehefrau.«33 Für eine adelige Frau war die Heirat das einschneidenste
und wichtigste Ereignis, dass einen neuen Lebensabschnitt einleitete, über ihren
gesellschaftlichen Status und ihre materielle Zukunft entschied.34 Denn im Adel war
»eine >gute Partie< gleichbedeutend mit Wohlleben, Luxus und gesellschaftlichem
Ansehen.«35 Schon vor dem Eintritt in den Ehestand unterlag eine adelige Frau
stärkster Reglementierung und Kontrolle, ob nun durch ihre Herkunfts- oder
Schwiegerfamilie.36

2.2. Die Stellung der Frau in der Ehe
Im 12. Jahrhundert fand eine Neubewertung des Ehebildes aufgrund einer Ver-
bindung der zuvor »unvereinbaren Ideen der Feudaladeligen und der Theologen
und Kirchenreformer«37 statt, die aber an der ungleichen Machtverteilung der
Geschlechter innerhalb der Ehe im Grunde nichts veränderte. Opitz weist darauf

32 Opitz, Frauenalltag (wie Anm. 26), S. 86. Auch Fouquet, Fürsten (wie Anm. 2), S. 180 konsta-
tiert einen begrenzten Spielraum hochadeliger Söhne bei der Wahl ihrer Ehefrau. Rogge,
Gefängnis (wie Anm. 20), S. 489 weist aber darauf hin, dass »durch einige Besonderheiten der
hochadeligen Eheanbahnungs- und Eheschließungspraxis (...) schon bestimmte, insbesondere
für die Frauen, ungünstige, asymmetrische Konstellationen im Geschlechterverhältnis sowie
für die Praxis der Eheführung determiniert wurden.«
33 Opitz, Frauenalltag (wie Anm. 26), S. 86.
34 Anderson/Zinsser, Geschichte (wie Anm. 20), S. 360. Besonders deutlich wird die Bedeutung
einer vorteilhaften Eheverbindung für die Versorgung und die Anerkennung in der eigenen
Herkunftsfamilie am Beispiel von Albrechts Achilles Tochter Barbara von Brandenburg-
Ansbach. Vgl. dazu Cordula Nolte, Die markgräfliche Famüie am Hof zu Berlin und Ansbach
1470-1486. Versorgung - Wohnstrukturen - Kommunikation, in: Principes (wie Anm. 2), S. 147-
169, hier S. 152f.
35 Opitz, Frauenalltag (wie Anm. 26), S. 92. Rogge, Gefängnis (wie Anm. 20), S. 491 weist darauf
hin, dass hochadeligen Frauen - abgesehen von der Ehe - auch nur wenige alternative Lebens-
formen blieben, so z. B. der Eintritt in ein Kloster.
36 Bei einer Verlobung im Kindesalter siedelten adelige Mädchen häufig zu der Familie ihres
zukünftigen Gatten über, so im Fall Elisabeths von Thüringen. Sie gehörten damit ganz ihrer
Schwiegerfamilie an und waren dem Einflussbereich ihrer Herkunftsfamilie weitgehend entzo-
gen. Opitz, Frauenalltag (wie Anm. 26), S. 82-85; Spiess, Brautfahrt (wie Anm. 20), S. 19. Als Bei-
spiel für die strenge Überwachung hochadeliger Frauen vor dem Eintritt in den Ehestand sei
hier Albrechts Achilles noch unverheiratete Nichte Margarethe genannt, die nach der Resigna-
tion ihres Vaters Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg gemeinsam mit ihrer Mutter Katharina
in der Residenz Berlin verblieb und nun der Aufsicht ihres Stiefbruders Johann unterstand.
Nolte, Familie (wie Anm. 35), S. 158, weist darauf hin, dass Margarethe »sorgfältig kontrolliert
und in ihrer Bewegungsfreiheit außerhalb des Frauenzimmers eingeschränkt« wurde.
37 Opitz, Frauenalltag (wie Anm. 26), S. 115.
 
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