Die Beziehung von Fürstin und Fürst
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hin, dass die adelige Gesellschaft des 13. Jahrhunderts eindeutig patriarchalisch
organisiert gewesen ist. Das Bild der Ehe und die Rollenvorstellungen von Kirche
und feudaler Gesellschaft hatten sich nicht grundsätzlich verändert. Die zentralen
Aufgaben eines Fürsten als familiäres Oberhaupt waren »die beständige materielle
und ideelle Vergrößerung der >Nahrung<, des Landes, der Lande, (...) durch die
Zeugung und Erziehung von Kindern sowie mittels kontrollierter Konnubiumsver-
bindungen für den generativen Fortbestand des Hauses zu sorgen, (...) Haushalts-
und Familienmitgliedern ihre sozialen und familialen Rollen zuzuweisen und sie
ebenso wie (...) die entsprechenden Abmachungen über Unterhaltssicherungen
auch durchzusetzen.«38 Moraw weist darauf hin, dass die absolute Autorität und
Oberhauptfunktion eines fürstlichen Familienoberhauptes in seiner Familie, so
auch des Kurfürsten Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach, durch kein Kor-
rektiv eingeschränkt und kontrolliert wurde, auch durch die Gebote des Christen-
tums nicht.39 Dem Ehemann wurden »durch Recht und Konvention Entscheidungs-
befugnisse und Kontrollpflichten über seine Frau aufgegeben«40, die eine »zumin-
dest institutionell kaum eingeschränkte Machtstellung der Ehemänner«41 und die
absolute Unterordnung der Frau in der ehelichen Gemeinschaft vorsahen.42 Cha-
rakteristisch ist dieses Rollenverständnis für eine bestimmte Diskursebene in Mit-
telalter und Früher Neuzeit, die Schnell als Frauendiskurs bezeichnet.43 Dieser ist
gekennzeichnet durch eine starke Frauenfeindlichkeit oder Frauenverehrung44, eine
mangelnde Differenzierung und eine entsprechend starke Pauschalisierung im Hin-
blick auf die Geschlechterkonstruktionen und das Ehebild.45 Der Mann nahm im
38 Fouquet, Fürsten (wie Anm. 2), S. 175.
39 Moraw, Albrecht (wie Anm. 2), S. 443; Fouquet, Fürsten (wie Anm. 2), S. 175.
40 Opitz, Frauenalltag (wie Anm. 26), S. 115.
41 Opitz, Frauenalltag (wie Anm. 26), S. 119.
42 Dieses Rollenverständnis lässt sich auch auf die spätmittelalterliche Adelsgesellschaft übertra-
gen. Nolte, Familienkorrespondenz (wie Anm. 3), S. 193f. Zum Rollenverständnis in feudalen
Ehen siehe auch Anderson/Zinsser, eigene Geschichte (wie Anm. 20), S. 360f, 363, 437;
Bumke, Kultur (wie Anm. 18), S. 472; und Vaclav Büzek, Die private Welt der böhmischen ade-
ligen Familien in ihren Selbstzeugnissen des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Adelige Welt und
familiäre Beziehung (wie Anm. 2), S. 17-43, hier S. 19. Büzek macht dies am Beispiel von Ver-
haltensinstruktionen des böhmischen Adeligen Johann von Lobkowitz an seinen Sohn deutlich.
43 Zum Frauendiskurs zählt Rüdiger Schnell, Frauendiskurs, Männerdiskurs, Ehediskurs. Text-
sorten und Geschlechterkonzepte in Mittelalter und Früher Neuzeit (Geschichte und Ge-
schlechter 23), Frankfurt/New York 1998, S. 172, S. 174f, S. 183 Texte, die Frauenkritik (z. B.
Gelegenheitsgedichte mittelalterlicher Kleriker, klerikale Gelegenheitsschriften, religiöse Ausle-
gungen biblischer Texte, klerikale Exemplasammlungen mit misogynen Geschichten, zahlreiche
schwankhafte Erzählungen, Sprichwörter, Fastnachtsspielen, Ständesatiren oder Reimspruch-
dichtung) und Frauenpreis (z. B. zahlreiche volkssprachliche Minnelieder oder lateinische Lob-
gedichte auf die gute Frau) enthalten. Auch Erziehungsschriften für Mädchen auf die Ehe hin
oder Ehelehren für verheiratete Frauen sind dem Frauendiskurs zuzuordnen, weil Männer auch
hier Verhaltensvorschriften oder Leitbilder für das weibliche Geschlecht auf stellten.
44 Schnell, Frauendiskurs (wie Anm. 45), S. 161 weist darauf hin, dass der Frauenpreis das Ergeb-
nis derselben androzentrischen Perspektive wie die Frauenschmähung ist, weil der Mann auch
hier selbstherrlich über das Objekt Frau spricht und urteilt.
45 Schnell, Frauendiskurs (wie Anm. 45), S. 186ff. Aufgrund der Tatsache, dass der Frauendis-
kurs entweder nur die Verdammung oder den Lobpreis der Frau kennt, vermutet Schnell,
Frauendiskurs (wie Anm. 45), S. 188, dass ein großer Teil der »misogynen, poetischen Ergüsse,
aber auch des Frauenpreises auf das Konto rhetorische Demonstratiom zu buchen ist.« So
101
hin, dass die adelige Gesellschaft des 13. Jahrhunderts eindeutig patriarchalisch
organisiert gewesen ist. Das Bild der Ehe und die Rollenvorstellungen von Kirche
und feudaler Gesellschaft hatten sich nicht grundsätzlich verändert. Die zentralen
Aufgaben eines Fürsten als familiäres Oberhaupt waren »die beständige materielle
und ideelle Vergrößerung der >Nahrung<, des Landes, der Lande, (...) durch die
Zeugung und Erziehung von Kindern sowie mittels kontrollierter Konnubiumsver-
bindungen für den generativen Fortbestand des Hauses zu sorgen, (...) Haushalts-
und Familienmitgliedern ihre sozialen und familialen Rollen zuzuweisen und sie
ebenso wie (...) die entsprechenden Abmachungen über Unterhaltssicherungen
auch durchzusetzen.«38 Moraw weist darauf hin, dass die absolute Autorität und
Oberhauptfunktion eines fürstlichen Familienoberhauptes in seiner Familie, so
auch des Kurfürsten Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach, durch kein Kor-
rektiv eingeschränkt und kontrolliert wurde, auch durch die Gebote des Christen-
tums nicht.39 Dem Ehemann wurden »durch Recht und Konvention Entscheidungs-
befugnisse und Kontrollpflichten über seine Frau aufgegeben«40, die eine »zumin-
dest institutionell kaum eingeschränkte Machtstellung der Ehemänner«41 und die
absolute Unterordnung der Frau in der ehelichen Gemeinschaft vorsahen.42 Cha-
rakteristisch ist dieses Rollenverständnis für eine bestimmte Diskursebene in Mit-
telalter und Früher Neuzeit, die Schnell als Frauendiskurs bezeichnet.43 Dieser ist
gekennzeichnet durch eine starke Frauenfeindlichkeit oder Frauenverehrung44, eine
mangelnde Differenzierung und eine entsprechend starke Pauschalisierung im Hin-
blick auf die Geschlechterkonstruktionen und das Ehebild.45 Der Mann nahm im
38 Fouquet, Fürsten (wie Anm. 2), S. 175.
39 Moraw, Albrecht (wie Anm. 2), S. 443; Fouquet, Fürsten (wie Anm. 2), S. 175.
40 Opitz, Frauenalltag (wie Anm. 26), S. 115.
41 Opitz, Frauenalltag (wie Anm. 26), S. 119.
42 Dieses Rollenverständnis lässt sich auch auf die spätmittelalterliche Adelsgesellschaft übertra-
gen. Nolte, Familienkorrespondenz (wie Anm. 3), S. 193f. Zum Rollenverständnis in feudalen
Ehen siehe auch Anderson/Zinsser, eigene Geschichte (wie Anm. 20), S. 360f, 363, 437;
Bumke, Kultur (wie Anm. 18), S. 472; und Vaclav Büzek, Die private Welt der böhmischen ade-
ligen Familien in ihren Selbstzeugnissen des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Adelige Welt und
familiäre Beziehung (wie Anm. 2), S. 17-43, hier S. 19. Büzek macht dies am Beispiel von Ver-
haltensinstruktionen des böhmischen Adeligen Johann von Lobkowitz an seinen Sohn deutlich.
43 Zum Frauendiskurs zählt Rüdiger Schnell, Frauendiskurs, Männerdiskurs, Ehediskurs. Text-
sorten und Geschlechterkonzepte in Mittelalter und Früher Neuzeit (Geschichte und Ge-
schlechter 23), Frankfurt/New York 1998, S. 172, S. 174f, S. 183 Texte, die Frauenkritik (z. B.
Gelegenheitsgedichte mittelalterlicher Kleriker, klerikale Gelegenheitsschriften, religiöse Ausle-
gungen biblischer Texte, klerikale Exemplasammlungen mit misogynen Geschichten, zahlreiche
schwankhafte Erzählungen, Sprichwörter, Fastnachtsspielen, Ständesatiren oder Reimspruch-
dichtung) und Frauenpreis (z. B. zahlreiche volkssprachliche Minnelieder oder lateinische Lob-
gedichte auf die gute Frau) enthalten. Auch Erziehungsschriften für Mädchen auf die Ehe hin
oder Ehelehren für verheiratete Frauen sind dem Frauendiskurs zuzuordnen, weil Männer auch
hier Verhaltensvorschriften oder Leitbilder für das weibliche Geschlecht auf stellten.
44 Schnell, Frauendiskurs (wie Anm. 45), S. 161 weist darauf hin, dass der Frauenpreis das Ergeb-
nis derselben androzentrischen Perspektive wie die Frauenschmähung ist, weil der Mann auch
hier selbstherrlich über das Objekt Frau spricht und urteilt.
45 Schnell, Frauendiskurs (wie Anm. 45), S. 186ff. Aufgrund der Tatsache, dass der Frauendis-
kurs entweder nur die Verdammung oder den Lobpreis der Frau kennt, vermutet Schnell,
Frauendiskurs (wie Anm. 45), S. 188, dass ein großer Teil der »misogynen, poetischen Ergüsse,
aber auch des Frauenpreises auf das Konto rhetorische Demonstratiom zu buchen ist.« So