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Gramsch, Robert; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Das Reich als Netzwerk der Fürsten: politische Strukturen unter dem Doppelkönigtum Friedrichs II. und Heinrichs (VII.) 1225 - 1235 — Mittelalter-Forschungen, Band 40: Ostfildern, 2013

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34756#0071

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1. Politische Verflechtungen im spätstaufischen Reich

Während die Zugehörigkeit zu einem Adelsgeschlecht im Modell durch die Subsu-
mierung unter einem Akteursnamen abgebildet wird (zu geistlichen Familienmitgliedern
als einem Sonderfall siehe unten), so erscheint die kognatische Bindung innerhalb des
Modells in Gestalt einer Relation zwischen zwei Geschlechtern, nämlich in Form der
Heiratsverbindung. Als Beispiel sei dazu folgender Datensatz vorgestellt:

DS-Nr.
Datum
neuer Bez.-Status
Vorgang
Quette
*863.
1226.V.1
#GrRavensbg./#HeLippe. = 1
(+1249.1.15 ./. Gertrud zur Lip-
SCHW. ist die Ehe erst 1236 be-
SCHW. XVII/29 u.
1.3/335
*863a.
1226.V.1
#GrRavensbg. / #vieie: /#BPad. /
#GrOidenbg./#HeLippe. =1
WfUB3, 229; Biermann
397, 402

Literaturgrundlage dieses wie auch vieler gleichartiger Datensätze bilden die Euro-
päischen Stammtafeln, über die Peter Moraw urteilt, sie seien „altmodischer als das
Arbeitsthema "Dynastie"" und gaukelten zuweilen falsche Sicherheit vor, doch könnten
bisher nur sie genügend Material für eine vergleichende Dynastienforschung bereitstel-
len.i^ Da die in den Stammtafeln gebotenen, oft nur groben Datierungen der Eheschlüsse
für unsere Zwecke misslich sind, wurde versucht, durch Plausibilitätserwägungen, etwa
anhand der Lebensdaten oder der Lebensdaten der Kinder, wie auch durch Hinzuzie-
hung weiterer Quellen das Datum des Eheschlusses möglichst genau zu approximieren.
Dies ist auch im obigen Beispiel der Fall, wo das Datum der Hochzeit in den Stammta-
feln nur mit „vor 17.4.1236" bestimmt ist. Hier bietet der Teilungsvertrag zwischen den
ravensbergischen Brüdern vom 1. Mai 1226 ein ziemlich sicheres und dabei bisher, soweit
ich sehe, unbeachtetes Indiz für die zeitliche Ansetzung der Hochzeit auf dasselbe Datum
(oder auf das zeitliche Umfeld desselben), da bei dieser Teilung mehrere benachbarte
Adlige, darunter auch der (zukünftige) lippische Schwiegervater als Zeugen fungier-
ten.^ Da auch die übrigen hochadligen Zeugen Verwandte der Ravensberger waren,
bestand die Funktion dieser Zeugenschaft offenbar in der Konsenserteilung für eine
von Böhmen mit Margarethe von Meranien (um 1231/32) nicht als Etablierung einer positiven
böhmisch-meranischen Beziehung gewertet, sondern umgekehrt als Anzeichen für einen
bestehenden Konflikt, da Przemysl damals mit seinem Bruder, dem Böhmenkönig, verfeindet
war (zum Kontext siehe unten S. 284).
178 DETLEV ScHWENNiCKE (Hg.), Europäische Stammtafeln. Stammtafeln zur Geschichte der euro-
päischen Staaten, Neue Folge, Marburg 1979ff. (bisher 28 Bde.), in der Datenbank abgekürzt
unter SCHW. Sofern im Folgenden genealogische Angaben gemacht werden, bilden in der
Regel die entsprechenden Tafeln dafür die Basis, nur davon abweichende Befunde werden
explizit nachgewiesen. - Zitat nach MoRAW, Heiratsverhalten, S. 116, wo es S. 117 weiter heißt:
„Ungeachtet ihrer Risiken dürften die Stammtafeln recht gleichmäßig und vor allem in großer
Breite nahe an den Kern adeligen und fürstlichen dynastischen Handelns heranführen, wie er
sich heute der Forschung darstellt."
Datensatz Nr. 863a nach: Westfälisches Urkundenbuch, Bd. 3: Die Urkunden des Bistums
Münster 1201-1300, bearb. von RoGER WiLMANS, Münster 1871, Nr. 229 (in der Datenbank
 
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