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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 21.1922

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Nr. 21
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Baum, Julius: Schmitthenners Breslauer Bauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.55563#0031

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Professor Paul Schmitthenner, Stuttgart
Fenster am Eingang eines Breslauer Hauses

SCHMITTHENNERS BRESLAUER BAUTEN

Die bürgerliche Siedlung im alten Gutsparke von
Karlowitz bei Breslau, 1912 begonnen, ist eine
der letzten großen Unternehmungen dieser Art, die
vordem Kriegenoch unterDach kamen.PaulSchmitt-
henner, der inzwischen als Professor für Siedlungs-
wesen an die Stuttgarter Hochschule berufen wurde,
hat hier mit bescheidenen Mitteln Vorbildliches
geschaffen. Es handelt sich um die Errichtung von
etwa 40 kleinen Einfamilienhäusern mit je vier bis
zehn Zimmern. Der alte Parkbestand sollte tunlichst
erhalten, geschlossene Bauweise, trotz nur engen
Bauwichen, vermieden werden. Dieses Ziel wurde
durch wechselnden Frontenabstand der Häuser von
der Straßenflucht erreicht. Einige Bauwerke stehen
in der Flucht, andere lassen einen schmalen Vorhof,
wieder andere einen Vorgarten frei. Diese baum-
bestandenen Vorhöfe und -gärten schließen sich zu
größeren Einheiten zusammen, die durch die Bau-
wiche wiederum mit den rückwärtigen Gärten ver-
bunden sind (S. 16). Die Folge des wechselnden Vor-
und Zurücktretens der Hausfronten ist ein leben-
diges und malerisches Bild der gesamten Siedelung,
Repräsentationsfähigkeit jedes Hauses nach mehre-
ren Seiten und, was für das Innere besonders wich-
tig ist, für jeden Bau ein ausgedehnter Platz an der
Sonne.

Allen Häusern gemeinsam ist das Entwickeln der
Außenfronten aus den Bedürfnissen des Inneren.
Symmetrie ist nirgends erstrebt. Doch werden Asym-
metrieen durch Gegenwirkung aufgelöst; man ver-
gleiche die Front des Hauses Strahl (S. 14) und das
Verhältnis von Türund Fenster am Hause des Künst-
lers (S. 15). Dieses Haus (S. 15—19) mit seinem be-
haglichen, abschließbaren Kinderhof und den großen
Türen der Gartenterrasse (S. 18), die zu ebener
Erde ins Freie führen, hat sich Schmitthenner in An-
lehnung an den Herrenhausstil seiner elsässischen
Heimat erbaut. Ausgedehnter ist das Haus des Pro-
fessor Kropatschek (S. 20 u. 21), das in seinem Ober-
geschosse in einem verhältnismäßig engen Raume
eine umfangreiche Bücherei birgt, deren sinnvolle
Aufstellung im kleinen das Organisationsvermögen
des Städtebauers verrät.
Eine anmutige Schöpfung hat leider verschwinden
müssen, der romantische Garten, den ein alternder
Junggeselle der Erinnerung an die jung verstorbene
Geliebte geweiht hat. Schmitthenner hat diesen Gar-
ten (S. 22—26) 1913 für die Jahrhundertausstellung
angelegt. Man betrat ihn durch ein von Pfeilern
mit Puttengruppen flankiertes Gittertor (S. 22) und
sah sich einem kleinen Gartenhaus gegenüber, das
im Innern einen gelben Musiksaal mit Flügel und
 
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