Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
H

erscheint lediglich ein einziges (Q vom Antoninus-Faustina-Tempel) in unserer
ältesten Stufe; und auch dieses zeigt bereits deutliche Anklänge an den Formen-
schatz unserer Stufe II. Alle übrigen Gräber unserer Stufe I führt Gjerstad im Rah-
men seiner Perioden II A und B an. Die Gründe, die Gjerstad zu dieser seiner
Gruppierung veranlaßt haben, sind von ihm noch immer nicht bekannt gegeben
worden, und aus der Gruppierung selbst lassen sich meines Erachtens die Gesichts-
punkte nicht herausfinden, nach denen dieses Schema aufgestellt worden ist. Zwar
bemerkt Gjerstad mit Bezug auf die bei unserer Chronologie bewußt und konse-
quent angewandte Kombinationsstatistik sehr richtig, es handle sich dabei um eine
„allgemein verwandte Methode 139“. Aber daß er sie bei seiner eigenen Einteilung
angewandt hätte, ist nicht ersichtlich, obgleich doch nur die Vergesellschaftungen
in geschlossenen Funden eine Handhabe dafür bieten, einen theoretisch mögüchen
Stilwandel innerhalb einer Fundgruppe als chronologisch verwendbar zu erweisen.
Eine Einteilung, die nicht von dieser fundamentalen methodischen Voraussetzung
ausgeht (und an diesem Maßstab überprüft werden kann), hat schwerlich den Wert
einer verbindlichen Chronologie. Gjerstad wirft mir vor, ich hätte bei meiner Stufen-
gliederung, vor allem der Umschreibung der ältesten Stufe, nur ,,die allgemeinen
Formen berücksichtigt, ohne ihre besonderen und artistisch bedingten Ausformungen
als stilistische Kennzeichen zu benützen 110“. Meines Erachtens ist es nicht damit
getan, außer der Form im allgemeinen die „artistische Ausformung“ im speziellen
zu berücksichtigen 141. Vielmehr ist es entscheidend, Typen zu erfassen, die ihrer-
seits durch eine regelmäßige Kombination bestimmter Merkmale (formaler, deko-
rativer und technischer Art) gekennzeichnet und in ihrer jeweiligen Variationsbreite
umschrieben werden müssen, und zwar auf Grund ihres Vorkommens in geschlosse-
nen Funden. Jeder, der sich mit prähistorischer Chronologie befaßt, weiß zur Ge-
nüge, daß zwar zunächst mögüchst feine typologische Unterscheidungen getroffen
werden müssen, daß aber erst aus den Vergesellschaftungen der so erfaßten Einzel-
erscheinungen ersichtlich wird, welche Typen in welcher Variationsbreite in wel-
chen Stufen existiert haben.

Eine kritische Prüfung verlangt auch Gjerstads Verwertung stratigraphischer
Befunde. Dabei sehen wir hier ganz ab von seinen historischen Ausdeutungen ge-
wisser stratigraphischer Verhältnisse, sondern haben nur deren Verwertung für die
Chronologie im Auge. Kein Wort natürlich gegen den Wert verläßlicher Stratigra-
phien. Aber das Ergebnis kleinflächiger stratigraphischer Untersuchungen, wie sie
bisher vom Forum Romanum vorliegen, darf nicht schematisch verallgemeinert
werden; zu leicht kann der Zufall gleichzeitige Erscheinungen trennen und Typen,
die zeitlich nichts miteinander zu tun haben, vereinigen. Ob Fundstücke aus einer

139 Gjerstad, Gnomon 33, 1961, 379.

140 Gjerstad ebd.

141 Wenn Gjerstad als Musterbeispiel für eine Übereinstimmung der „artistischen
Ausformung“ (d. h. des ,shape‘) die Gefäße der Gräber B und Q (ER. II Abb. 14. 19)
verstanden wissen will (vgl. Gierow a. O. 106), so muß ich gestehen, daß ich nicht be-
greife, worauf es bei dieser Betrachtungsart überhaupt ankommt.
 
Annotationen