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Schicht wirklich gleichzeitig sind oder nicht, ergibt sich oft genug nicht unmittelbar
aus der stratigraphischen Situation, sondern umgekehrt: die aus geschlossenen Fund-
komplexen abgeleitete Kenntnis der Gleichzeitigkeit oder chronologischen Ver-
schiedenartigkeit von Typen aus einer Schicht entscheidet darüber, ob die betreffende
Schicht als chronologisch intakt oder gestört zu bewerten ist. Und selbst wenn das
erstere der Fall ist, haben die Funde einer Schicht nicht den Wert eines ,geschlosse-
nen Fundes'; sie verteilen sich vielmehr auf die Gesamtzeitspanne, in der sich die
betreffende Schicht gebildet hat. Ein wie langer Zeitraum dafür zu veranschlagen ist,
kann von der Stratigraphie her nicht geklärt werden, sondern ist allenfalls wieder auf
Grund einer Feingliederung von geschlossenen Funden zu ermitteln. Man muß
sich davor hüten, daß Stratigraphie dank des in ihr enthaltenen objektiven Gehaltes
zu einem Zauberwort wird, dessen faszinierende Wirkung eine nüchterne Interpre-
tation ersetzt. Gjerstad beruft sich bei seiner Ivritik an meiner Umschreibung der
ersten lazialen Stufe Roms, die er „ganz fatal“ nennt, auf die stratigraphische Unter-
suchung beim Augustusbogen und meint, „durch eine Beobachtung der stratigra-
phischen Verhältnisse hätte diese Fatalität vermieden werden können 142“. Es han-
delt sich um die Datierung der Gräber 1-4, die ich der Stufe I zugewiesen habe,
während Gjerstad das erstere Grab seiner Periode II A, die letzteren drei seiner
Periode II B zurechnet.

Der Befund ist folgender: nach der sorgfältigen Grabung von M. Gamberini
Montgenet unter Beteiligung von S. Pugüsi und E. Gjerstad fanden sich im Ab-
schnitt C die Gräber 2-4 in dem unteren Teil von Schicht 11 (entsprechend der
Schicht 11b in dem benachbarten Abschnitt A-B) und in die darunterliegende
Schicht 12 eingetieft. Beide Schichten datiert Gjerstad auf Grund einiger Scherben,
die er als ,Advanced Impasto‘ klassifiziert, in seine Periode II B. Wäre diese Datie-
rung richtig, könnten die fraglichen Gräber in der Tat bestenfalls dieser Zeit ange-
hören. Aber das eben ist der springende Punkt! Unklar ist zunächst die Begriffs-
bestimmung ,Advanced Impasto“. Wer sich einmal die Mühe gemacht hat, an Fland
der Originale nachzuprüfen, was Gjerstad alles zu dieser Gattung rechnet, wird
überrascht sein von der Verschiedenartigkeit des hier Vereinten; es ist schlechter-
dings nicht einzusehen, wie dieses bunte Vielerlei für eine Chronologie nutzbar ge-
macht werden soll. Gjerstad führt dann aus, dieser ,Advanced Impasto‘ würde erst
von der Periode II B an auftreten. Die Gräber, die dieser Periode zugewiesen wer-
den, sind jedoch alles andere als einheitlich. Es gelingt mir nicht herauszufinden,
was beispielsweise der keramische Typenbestand der Forumsgräber GG (Taf. 2 A).
II (Taf. 3, A). P (Taf. 3, B) mit demjenigen des Mädchengrabes M (Taf. 5) und der
anzuschließenden Esquilingräber 84. 87. 88. 94. 99. 102. 103 gemeinsam hat und
Gjerstad dazu bewogen haben könnte, beide Gräberreihen einer einzigen Stufe zu-
zuweisen. Man braucht nicht einmal die Bronzen zu Hilfe zu nehmen, um zu sehen,
daß hier zwei zeitlich verschiedene Typengruppen miteinander vermengt sind. Wenn

142 Gjerstad, Gnomon 33, 1961, 378f.; zum Befund BPI. 64, 1954/55, 277ff. S. Puglisi
ebd. 299ff. Gjerstad, ER. III 265ff.
 
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